242 Buch J. Abschnitt 5. Rechtsgeschäfte.
b) Wenn die Bedingung erfüllt wird, verliert der bedingt Berechtigte von
nun ab sein bisheriges Recht. Dabei zeigt es sich nun aber als praktisch höchst
erheblich, daß schon vorher, schon während des Schwebezustandes, die Gegen-
partei ein aufschiebend bedingtes Gegenrecht besaß. Es kehren hier also die
gleichen Regeln wieder wie bei der Erfüllung der aufschiebenden Bedingung,
nur in umgekehrter Richtung (160 II, 161 II, 159).
a) Hat der Inhaber des auflösend bedingten Rechts während des Schwebe-
zustandes schuldhaft das aufschiebend bedingte Recht der Gegenpartei beein-
trächtigt oder geschmälert, so ist er ihr zu Schadensersatz verbunden.
6) Hat er während des Schwebezustandes über sein Recht verfügt oder
ist in dieser Zeit eine Pfändung oder Beschlagnahme dieses Rechts erfolgt, so
ist die Maßregel insoweit unwirksam, als sie das aufschiebend bedingte Recht
der Gegenpartei beeinträchtigt oder vereitelt.
9) Eine eigentliche Rückbeziehung des Rechtsverlusts tritt nur ein, wenn
sie besonders vereinbart ist, und hat alsdann bloß obligatorische Wirkung.
c) Wird die Erfüllung der Bedingung unmöglich, so ist das Recht des
bisher bedingt Berechtigten nunmehr unbedingt geworden.
III. In gewissen Fällen wird eine Bedingung gesetzlich als erfüllt behandelt,
obschon sie in Wahrheit nicht erfüllt ist — dann nämlich, wenn die Erfüllung
von der Partei, zu deren Nachteil sie gereicht, wider Treu und Glauben ver-
hindert wird. Umgekehrt: in gewissen Fällen wird eine Bedingung gesetzlich
als nicht erfüllt behandelt, obschon sie in Wahrheit erfüllt ist — dann nämlich,
wenn die Erfüllung von der Partei, zu deren Vorteil sie gereicht, wider Treu
und Glauben herbeigeführt ist (162).
Beispiel. Ein Vermächtnis soll an A. fallen, wenn dieser die B. heiratet, andernfalls
an C.; nun verhindert aber C. den A. an der Erfüllung der Bedingung, indem er selber
die B. zur Frau nimmt. Hier verstößt C. wider Treu und Glauben, wenn er die B. nur
heiratet, um dem A. das Vermächtnis abzugewinnen; die Bedingung ist deshalb als von A.
erfüllt anzusehn, obschon sie in Wahrheit nicht erfüllt ist; A. bekommt also das Vermächtnis.
Hat dagegen C. sich unabhängig von dem Vermächtnis um das Mädchen beworben, so liegt
ein Verstoß wider Treu und Glauben nicht vor, wenn er seine Bemühungen jetzt fortsetzt
und dabei erfolgreich ist; alsdann gilt also die dem A. auferlegte Bedingung als nicht erfüllt;
das Vermächtnis fällt demnach an C.
Von dieser einen positiven Regel abgesehn kann die Frage, ob eine Bedingung als
erfüllt gelten soll, lediglich nach Lage des Einzelfalls auf Grund freier Auslegung des Rechts-
geschäfts beantwortet werden. Zweisel entstehn namentlich, wenn die Bedingung auf eine
Handlung des bedingt Berechtigten gestellt ist. — Beispiele. I. 1. Ein Pfarrer vermacht seiner
früheren Magd, die liederlich geworden, eine Rente unter der Bedingung, daß ihr anstößiges
Leben aufhöre; das Mädchen hat keine Lust dazu; da wird es geisteskrank und kommt in
ein Irrenhaus, wo es zwangsweise ehrsam lebt, ohne irgend welchen Anstoß zu geben. Hier
wird man trotzdem im Sinn des Erblassers sagen, die Bedingung sei nicht erfüllt. 2. Nehmen
wir den gleichen Fall, nur daß es sich um ein Vermächtnis des Erblassers an eine nahe
Verwandte handelt, so wird die Entscheidung umgekehrt ausfallen. II. 1. A. schenkt dem B.
seine Gemäldegalerie unter der Bedingung, daß B. ein Majorat errichte und diesem die
Galerie einverleibe; B. ist auch dazu bereit; es wird ihm aber die erforderliche Bestätigung
vom Oberlandesgericht verweigert. 2. C. schenkt dem D. eine Summe unter der Bedingung,
daß dieser seine häßliche Klage wider seine Geschwister zurücknehme; D. erklärt auch wirklich