Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

§ 61. Erfüllung von Bedingungen. § 62. Befristungen. 243 
die Klagzurücknahme, erhält aber nicht die erforderliche Einwilligung seiner Geschwister. 
Hier halte ich im erstern Fall die Bedingung für nicht erfüllt, im letztern für erfüllt; dort 
setze ich also die Bereitschaft zur Handlung der vollzogenen Handlung nicht gleich, hier setze 
ich sie gleich. 
IV. Entsteht darüber ein Streit, ob ein bestimmtes Recht bedingt oder 
unbedingt sei, so trifft die Beweislast im Fall der aufschiebenden Bedingung 
den Inhaber des Rechts, im Fall der auflösenden Bedingung den Gegner.“ 
c) Befristungen. 
62. 
I. 1. Ein Seitenstück zu den Bedingungen sind die Befristungen: sie 
bedeuten, daß die Wirkung eines Rechtsgeschäfts kraft einer in dem Geschäft 
getroffenen Bestimmung ganz oder teilweise von dem Herankommen eines zu- 
künftigen Termins abhängig ist. Entweder ist die Befristung aufschiebend, oder 
sie ist auflösend; in ersterem Fall soll die Wirkung des Rechtsgeschäfts ganz 
oder teilweise eintreten, in letzterem Fall soll die Wirkung ganz oder teilweise 
aufhören, wenn der Termin herangekommen ist. Entweder ist es gewiß, daß 
der Termin irgend einmal herankommen wird, oder es ist dies ungewiß. 
Beispiel. A. bestellt im Jahre 1901 an seinem Grundstück für seinen Nachbar B. ein 
Durchfahrtsrecht „vom Jahr 03 bis zur Eröffnung der Landstraße". Hier ist das Recht des 
B. sowohl aufschiebend wie auflösend befristet; der aufschiebende Termin ist gewiß, der auf- 
lösende ungewiß. 
2. Keine „Befristung“ im Rechtssinn liegt vor, wenn jemand rechtsge- 
schäftlich eine Forderung begründet, die sofort entstehn, aber erst nach Ablauf 
einer bestimmten oder unbestimmten Zeit fällig werden soll. Eine derartige 
Forderung darf also nicht als „befristet", sondern nur als „betagt“ bezeichnet 
werden. 
Beispiel. A. verspricht im Jahre 1901 dem B. durch notariellen Vertrag schenkungs- 
weise 10000 Mk., zahlbar in 10 jährigen Raten, mit der Klausel: „diese Schenkung tritt mit 
dem 1. April 1903 in Kraft“. Hier ist die Forderung bis zum 1. April 1903 befristet; 
von da ab ist sie unbefristet, aber mit Ausnahme der ersten Rate betagt. Die Folge ist, daß, 
wenn A. geisteskrank wird und sein Vormund irrtümlich die ganze Schenkung schon 1902 
erfüllt, die Zahlung zurückgefordert werden kann; denn die entgegenstehende Vorschrift von 
B. 813 II gilt nur für betagte, nicht für befristete Forderungen. 
3. Rechtsgeschäfte die eine Bedingung nicht vertragen, lassen auch eine 
Befristung nicht zu (925, 1317 u. s. w.). 
II. Die Befristung wird ebenso behandelt wie eine Bedingung. Bei der 
aufschiebenden Befristung hat also der Berechtigte, solange der Termin noch 
nicht herangekommen ist, das befristete Recht noch nicht erworben, sondern be- 
sitzt nur eine Anwartschaft auf dies Recht, die ihm im Fall der Gefahr 
6) Rehbein 1 S. 244. Abw. für die auflösende Bedingung Endemann 1 § 87e, 
für die aufschiebende Staub Kommentar z. H#GB. 6. Aufl. S. 24. 
1) Abw. Biermann 1 S. 315. 
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