248 Buch I. Abschnitt 5. Rechtsgeschäfte.
von einem Gast. der spät abends ankommt, dreifach höhere Preise fordert als von einem
Gast, der am Nachmittage eintrifft; es ist Wucher, wenn ein Verlagsbuchhändler einem un-
erfahrenen Schriftsteller für das Verlagsrecht an einem billigen Lehrbuch ein Honorar bietet,
mit dem nur ein Anfänger zufrieden sein kann, und sich das Verlagsrecht auch für alle
späteren Auflagen des Buchs zu dem nämlichen Honorar sichert; es ist Wucher, wenn jemand
sich von einem leichtsinnigen Freunde ein Darlehn zu 2 % auf 20 Jahre unkündbar zusichern
läßt, wenn der Darlehnsempsänger nüchtern ist, der Darlehnsgeber aber einen leichten Rausch
hat (s. oben S. 179 I, 1). IV. Die Wucherer H. und J. stecken unter einer Decke; als der
unerfahrene K. sich an H. wegen eines Darlehns wendet, verweist H. ihn an J. mit dem Be-
merken, J. verlange bloß 5% Zinsen, gebe aber das Geld nur, wenn seine Frau ihm zurede,
und diese rede nur zu, wenn man ihr eine „Aufmerksamkeit“ im Wert von 10% des Dar-
lehns erweise; K. folgt dem Rat, schenkt der Frau J., obschon diese zunächst heuchlerisch ab-
lehnt, einen Ring im Wert von 100 Mk., und erhält darauf von J. ein Darlehn von
1000 Mk. zu 5%. Hier liegt auf seiten des J. ein Wuchergeschäft vor, sofern ihm das
Verhalten seiner Frau bekannt gewesen ist. IV. L. hat dem M. durch Wuchergeschäft ein
Grundstück zu einem unverhältnismäßig hohen Preise verkauft; die Auflassung des Grund-
stücks verzögert sich aber, weil L. stirbt; seitdem ist durch ganz unvorhergesehene Umstände
der Wert des Grundstücks so gestiegen, daß der Kauf für M. sehr vorteilhaft geworden ist,
und M. verlangt deshalb von L.8 Erben die Auflassung. Hier können die Erben die
Auflassung verweigern. Denn das Wuchergeschäft ist ja nichtig! Und hierauf kann sich nicht
bloß der Bewucherte, sondern auch der Wucherer berufen.
3. Die Veräußerungsverbote.t#
a) Eigentliche gesetzliche Veräußerungsverbote gibt es nicht, obschon das
bürgerliche Gesetzbuch ihr Vorhandensein ausdrücklich voraussetzt (s. 135). Wohl
aber kommen nicht selten Veräußerungsverbote vor, die eine zuständige Be-
hörde für einen konkreten Fall erläßt, und das Gesetz hat bestimmt, daß
derartige von einer Behörde erlassene Veräußerungsverbote dieselbe Kraft haben
sollen wie jene als vorhanden angenommenen, aber tatsächlich gar nicht vor-
handenen gesetzlichen Veräußerungsverbote (1360).
Beispiele. I. Veräußerungsverbote auf Grund von Anordnungen einer Behörde sind
vor allem die einstweiligen Verfügungen, die die Veräußerung eines streitigen Rechts bis
zur Erledigung des Streits bestimmen (ZPO. 935), ferner das allgemeine Veräußerungs-
verbot, das das Konkursgericht an einen Schuldner erlassen kann, gegen den Konkurseröff=
nung beantragt ist (KonkOrdn. 106), endlich die Beschlagnahme des Vermögens eines ab-
wesenden Angeschuldigten im Strafprozeß (St PPO. 332 ff.). II. Als Beispiele gesetzlicher
Veräußerungsverbote werden in der Literatur 12 genannt: die Unveräußerlichkeit des Nieß-
brauchs und gewisser Lohnforderungen; das Verbot des Vertriebes von Sprengstoffen ohne
polizeiliche Erlaubnis; die Regel, daß eine Ehefrau ihr eingebrachtes Gut nur mit Ein-
willigung ihres Mannes, eine Innung Sachen von geschichtlichem oder künstlerischem Wert
nur mit Genehmigung der Ausfsichtsbehörde veräußern kann; die Regel, daß Sachen außer-
halb des Verkehrs oder verbotene Sachen (angeblich) nicht veräußert werden dürfen usw.
Ich halte aber alle diese Beispiele für unpassend, kann jedoch einen Beweis für meine An-
sicht an dieser Sielle nicht erbringen.
b) Die Veräußerungsverbote besagen zunächst lediglich, daß gewisse Rechte,
die ihrer Art nach veräußerlich sind, ausnahmsweise nicht veräußert werden
dürfen. Doch geht ihr Inhalt der Regel nach weiter.
11) Schott, Veräußerungsverbote (05); Raape, das gesetzl. Veräußerungsverbot des
BGB.s (08).
12) Siehe Rehbein 1 S. 171; Raape S. 99, 114 (in Einzelheiten abweichend).