264 Buch I. Abschnitt 5. Rechtsgeschäfte.
im Glauben, sie koche „perfekt“, so ist der Irrtum unwesentlich, wenn sie nur höchst imperfekt,
wesentlich, wenn sie gar nicht kochen kann. «
2.a)DasRecht,eineirrtümlichabgegebenerechtsgeschäftlicheWillens-
äußerung anzufechten, steht nur dem Irrenden zu (119). Die Gegenpartei
muß also das Geschäft gelten lassen.
b) Wird die Anfechtung mit Recht erhoben, so vernichtet sie das ange-
fochtene Rechtsgeschäft schlechthin. Dies gilt selbst dann, wenn die anfechtende
Partei bei Vornahme des angefochtenen Geschäfts irrtümlich der Meinung
war, mit der nämlichen Gegenpartei ein Geschäft andrer Art abzuschließen;
die Gegenpartei ist also nicht befugt, nun, da die irrende Partei das von ihr
vorgenommene, aber nicht gemeinte Geschäft anficht, auf das von jener Partei
gemeinte, aber nicht vorgenommene Geschäft zurückzugreifen, indem sie jenes
in dieses konvertiert.
Beispiele. A. hat zu seinem Konversationslexikon von Meyer noch das von Brockhaus
geschenkt bekommen und will nunmehr den Meyer an die Lesehalle in B. für 30 Mk. ver-
kaufen; irrtümlich verkauft er aber den Brockhaus; als der Irrtum aufgeklärt ist, sicht A.
den Verkauf an; die Lesehalle will nun aber wenigstens den Meyer haben; doch gibt W.
auch den nicht heraus, da ihm inzwischen von C. 50 Mk. dafür geboten sind. Hier ist A.,
wie mir scheint, im Recht. 11
3. a) Das Ansfechtungsrecht ist zeitlich eng begrenzt. Der Anfechtungs-
berechtigte muß nämlich seine Anfechtung unverzüglich, nachdem er den Irr-
tum entdeckt hat, der Gegenpartei erklären; verzögert er die Anfechtung schuld-
haft, so geht das Anfechtungsrecht verloren (121 I, Satz 1); der Anfechtungs-
gegner kann sich also aus der peinlichen Unsicherheit, mit der ihn das An-
fechtungsrecht des Irrenden bedroht, dadurch retten, daß er den Irrenden über
seinen Irrtum aufklärt und dadurch zu schleuniger Entscheidung nötigt. Doch
genügt es zur Wahrung des Ansfechtungsrechts, wenn der Irrende die Anfech-
tungserklärung an die Gegenpartei unverzüglich absendet; daß die Erklärung
unterwegs verschleppt wird oder verloren geht, schadet also dem Irrenden
nichts (121 I, Satz 2). Sobald der Irrende der Meinung sein konnte, die
Gegenpartei kenne seinen Irrtum, wird man ihm übrigens eine mäßige Ver-
zögerung der Anfechtung nicht als Schuld zurechnen; er behält alsdann sein
Anfechtungsrecht, auch wenn er die Anfechtung einige Tage, nachdem er den
Irrtum bemerkt hat, verschiebt.
b) In jedem Fall erlischt das Anfechtungsrecht, wenn seit Abgabe der
Willenserklärung 30 Jahre verflossen sind, mag der Anfechtungsberechtigte
auch innerhalb dieser Frist seinen Irrtum nicht entdeckt haben und nicht haben
entdecken können (121 II).
4. Gleichgültig ist es, ob der Irrende an seinem Irrtum schuld war
oder nicht; selbst ein frivoler Irrtum wird also, wenn er nur erheblich ist,
berücksichtigt; ebenso ein bloßer Rechtsirrtum. Ebenso ist es auch umgekehrt
14) Abw. Gradenwitz a. a. O. S. 62.