292 Buch I. Abschnitt 5. Rechtsgeschäfte.
macht nicht aus. 3. Will B. die 2000 Mk. aus freien Stücken an A. zahlen, so ist zu
unterscheiden: a) Ging A.#s Vollmacht auf Verkauf des Pelzes gegen bar und war er im
Besitz des Pelzes, so ist er ebendamit auch zum Empfang der 2000 Mk. ermächtigt. b) Ging
seine Vollmacht auf Verkauf des Pelzes unter Stundung des Kaufpreises und hat er dem
B. tatsächlich ein Ziel von drei Monaten gewährt, so ist er zum Empfang der 2000 Mk. nicht
befugt, sondern B. muß direkt an C. zahlen. II. D. hat im Namen und kraft Vollmacht
des im Auslande weilenden E. von F. eine Wohnung gemietet: das Mietverhältnis soll am
1. Oktober beginnen, der Mietpreis pränumerando halbjährlich mit 1800 Mk. bezahlt werden;
da E.s Rückkehr sich verzögert, schickt er die 1800 Mk. an D., damit dieser sie an F. ab-
führe; D. behält aber das Geld für sich. Hier kann F. den D. nicht auf Bezahlung der
1800 Mk. belangen. Denn sein Schuldner ist nicht D., sondern E. III. G. hat eine Woh-
nung an H. und J. gemeinsam vermietet; später wird J. entmündigt und H. zu seinem
Vormunde bestellt; nun kündigt G. die Wohnung in einem Brief, der lautet: „Hiermit
kündige ich Herrn H. als dem Vormunde J.s die Wohnung"“. Hier ist es wohl möglich, kraft
freier Auslegung die Kündigung so zu verstehn, daß sie nicht bloß an H. als Vormund J. 8s,
sondern zugleich an H. als Selbstpartei gerichtet ist. Will man sich zu dieser freien Aus-
legung nicht entschließen, so muß man die ganze Kündigung für ungültig erklären; denn sie
war an beide Mieter gemeinsam zu richten; die an H. als Vormund J.8 gerichtete Kün-
digung ging aber nur den J. und nicht den H. an.
Fortsetzung. Vornahme von Rechtsgeschäften gegenüber
sich selbst.
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I. 1. Jede Vertretungsmacht zum Abschluß eines Vertrages erleidet eine
wichtige Beschränkung: der Vertreter darf den Vertrag grundsätzlich weder mit
sich selbst als Selbstpartei noch mit sich selbst als Vertreter eines Dritten
abschließen (181).
a) Doch gilt kraft Gesetzes eine Ausnahme, wenn der Vertrag lediglich
in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht (181), mag der Vertreter hierbei
den Gläubiger oder mag er den Schuldner oder mag er alle beide vertreten.
b) Andre Ausnahmen gelten nur, wenn dem Vertreter der Vertragsschluß
mit sich selbst besonders gestattet ist (181), sei es ausdrücklich, sei es still-
schweigend. Zur Gestattung ist bei Bevollmächtigten der Vollmachtgeber, bei
gesetzlichen Vertretern wohl meist das Vormundschaftsgericht zuständig.
Beispiel. I. Der Fabrikant A. will wegen Kränklichkeit sein Fabrikunternehmen liqui-
dieren und hat den Agenten B. zum Liquidator bestellt; B. soll bevollmächtigt sein, alle
Rechtsgeschäfte namens des A. vorzunehmen, die die Liquidation mit sich bringt. Hier kann
B. kraft seiner Liquidationsvollmacht die zur Liquidationsmasse gehörigen Waren namens
des A. verkaufen. 1. Er darf sie aber nicht etwa an sich selber verkaufen, auch wenn er
einen höheren Preis zu zahlen bereit ist als jeder andre Kaufliebhaber, es sei denn,
daß er von A. dazu besonders ermächtigt ist. Auch kann er dies Verbot nicht etwa
dadurch umgehn, daß er einen Unterbevollmächtigten zum Verkauf der Waren bestellt
und diesem die Waren abkaust; denn solch ein Unterbevollmächtigter hat keine größere
Vertretungsmacht als er.! 2. Ebensowenig kann B. die Waren an sich selber als
den Vertreter des C., der ihm zum Ankauf derartiger Waren Vollmacht gegeben, ver-
1) Endemann 1 S. 4001. Siehe auch RG. 56 S. 104. Abw. Biermann 1 S. 286 17.