Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

298 Buch I. Abschnitt 5. Rechtsgeschäfte. 
verhältnis zwischen ihm und dem andern, in dessen Interesse er auftritt, nach 
außen hin ohne jede Bedeutung ist: allein auf seine Geschäfts= und Ver- 
fügungsfähigkeit kommt es bei Vornahme des Rechtsgeschäfts an, nicht auf die 
Geschäfts= und Verfügungsfähigkeit des andern; allein sein Kennen oder 
Kennenmüssen, allein sein Wille und der etwaige Mangel dieses Willens sind 
entscheidend; nur er wird aus dem Geschäft berechtigt und verpflichtet. 
Beispiele. I. A. sieht in einer Versteigerung Silbergerät, das eine verdächtige Ahn- 
lichkeit mit gewissen vor kurzem bei B. gestohlenen Silbersachen hat; er beauftragt nun den 
Agenten C., dem dieser Verdacht völlig fern liegt, die Sachen in eignem Namen, aber für 
seine, des A., Rechnung zu erstehn; C. tut dies auch, läßt sich die Sachen von dem Auktio- 
nator übereignen und übereignert sie sofort weiter an A. Hier hat, auch wenn A.3 Verdacht 
begründet war, zunächst C. unbedenklich das Eigentum an den Sachen erlangt (932, 935); 
und war dies einmal geschehn, so ist nicht einzusehn, warum er nicht in der Lage gewesen 
sein soll, sein Eigentum auf A. weiter zu übertragen. Dagegen hätte A. das Eigentum der 
Sachen nicht erlangt, wenn er sich des C. als echten Stellvertreters bedient hätte. II. D. 
verkauft gewisse Waren im Auftrage und für Rechnung des E., aber in eignem Namen an 
F., liefert die Waren dem F. aus und führt den von F. bezahlten Kaufpreis an D. ab; 
nachträglich stellt sich heraus, daß die Waren an großen Mängeln leiden, die E. gekannt, 
aber dem D. arglistig verschwiegen hat. Hier kann F. keinen Schadenersatz sordern; denn 
sein Verkäufer war nicht E., sondern D., und dieser ist in gutem Glauben gewesen. Wohl 
aber kann F. den Kauf wandeln und von D. gegen Rückgabe der Ware Rückzahlung des 
Kaufpreises sordern: daß D. den Kauspreis nicht mehr in Händen hat, kann ihn vor 
dieser Verpflichtung gegenüber F. nicht schützen. 
De lege ferenda wird neuerdings befürwortet, die mittelbare Stellvertretung in ihren 
Wirkungen der unmittelbaren Stellvertretung näher zu rücken. Man wird dies grundsätzlich 
billigen dürfen, muß sich aber hüten, damit auch die Vorzüge, die die mittelbare Ver- 
tretung vor der unmittelbaren zweifellos voraushat, preiszugeben. Einer dieser Vorzüge 
besteht darin, daß der mittelbare Stellvertreter dem Dritten seinen Auftraggeber nicht zu 
nennen braucht; an der Anonymität des Auftraggebers kann nämlich sowohl dieser selbst 
wie auch der mittelbare Stellvertreter ein rechtlich wie sittlich wohl gerechtfertigtes Interesse 
haben. 
II. Gewisse Ausnahmen, die der Grundsatz zu 1 erleidet, gehören dem 
Handelsrecht an. An dieser Stelle können sie nicht weiter verfolgt werden. 
15. Zustimmung. 
8 70. 
In der Lehre von der Geschäftsfähigkeit (oben S. 182 ff.) haben wir er- 
wähnt, daß gewisse Rechtsgeschäfte einer beschränkt geschäftsfähigen Person der 
Zustimmung des Gewalthabers dieser Person bedürfen, um vollwirksam zu 
werden, und haben die Rechtsregeln, die für die Zustimmung des Gewalt- 
habers maßgebend sind, eingehend entwickelt. Von diesen Regeln sind nun 
einige von allgemeiner Bedeutung, indem sie überall zur Anwendung kommen, 
wo ein Rechtsgeschäft, das jemand gegenüber einem andern vornimmt, zu seiner 
Wirksamkeit der Zustimmung eines Dritten bedarf, also namentlich auch bei 
1) Müller-Erzbach, Grundsätze der mittelb. Stellvertretung (05).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.