358 Buch II. Abschnitt 1. Das Recht der Forderungen im allgemeinen.
Gunsten eine Forderung gegen B. auf Zurückzahlung der geschenkten 1000 Mk. begründet,
obschon nur ein einseitiges Rechtsgeschäft auf seiner, des Gläubigers, Seite, der Schenkungs-
widerruf, vorliegt (530, 531). II. 1. C. hat eine Belohnung von 1000 Mk. öffentlich für
den ausgesetzt, der die Urheber eines bei ihm verübten Einbruchs entdecken würde; dem D.
gelingt die Entdeckung, ohne daß ihm etwas von dem Versprechen des C. bekannt war. Hier
hat C. zu seinen Lasten eine Forderung des D. auf Auszahlung der ausgeschriebenen
1000 Mk. begründet, obschon nur ein einseitiges Rechtsgeschäft auf seiner, des Schuldners,
Seite, die Auslobung der Belohnung, vorliegt (657). 2. F. hat sein Bauergut an seinen
Sohn G. verkauft und dabei ausgemacht, daß G. an seinen Bruder H. nach dessen Rückkehr
aus Südwestafrika 1000 Mk. zu zahlen habe; H. erfährt von dem Vorfall erst, als er die
Heimreise antritt. Hier haben F. und G. zulasten des G. eine Forderung für H. auf Aus-
zahlung der bedungnen 1000 Mk. begründet, obschon nur ein Vertragsschluß auf ihrer
beider Seite ohne jede Mitwirkung des Gläubigers H., der Gutsverkauf, vorliegt (330).
III. J. hat dem K. testamentarisch 1000 Mk. vermacht; nach seinem Tode wird J.s Erbe
sein nächster Verwandter L., und zwar lediglich dadurch, daß er es versäumt, die Erbschaft
in der gesetzlichen Frist auszuschlagen. Hier hat J. zulasten des L. und zugunsten des K.
eine Forderung auf Auszahlung der vermachten 1000 Mk. begründet, obschon nur ein
einseitiges Rechtsgeschäft auf seiner, des Nichtgläubigers und Nichtschuldners, Seite, die An-
ordnung des Vermächtnisses, vorliegt.
Dagegen darf man nicht auch als Ausnahme den Fall hierherziehn, daß jemand einem
andern den Abschluß eines obligatorischen Vertrages anträgt und nun wenigstens während
der Annahmefrist an diesen einseitigen Antrag gebunden ist (s. oben S. 211). Denn ob-
schon der Antragsteller an den Antrag wirklich einstweilen „gebunden“ ist, ist er doch aus
dem Antrage der Gegenpartei keineswegs „verpflichtet“: die Gegenpartei kann aus dem An-
trage irgendwelche Ansprüche gegen ihn erst dann geltend machen, wenn sie den Antrag an-
genommen und also aus dem einseitigen Antrage einen zweiseitigen Vertrag gemacht hat.
Demnach hat die Gegenpartei durch den Antrag als solchen zwar ein „Recht“, aber keine
„Forderung" erlangt; ihr Recht aus dem Antrage ist vielmehr lediglich ein Bestimmungs-
recht, nämlich das Recht, den Antragsteller durch Annahme des Antrages zu verpflichten.
Es liegt nahe, in ähnlicher Art auch die verpflichtende Kraft der Auslobung und der
Verträge zugunsten Dritter, die in den oben zu II genannten Beispielen erwähnt sind, zu
leugnen und zu behaupten, durch die Auslobung und durch den Vertrag zugunsten Dritter
sei der Schuldner zwar einseitig „gebunden“, aber nicht auch einseitig „verpflichtet“; eine
Verpflichtung entstehe vielmehr erst dann, wenn bei der Auslobung der Lohnberechtigte, bei
dem Vertrage zugunsten Dritter der Dritte die Zusage des Schuldners annehme und damit
einen Vertrag zwischen Schuldner und Gläubiger zustande bringe. Doch wäre eine solche
Konstruktion falsch. Denn die Forderung aus der Auslobung und aus dem Vertrage zu-
gunsten Dritter wird von dem Glänbiger keineswegs erst erworben, wenn er seine Annahme
erklärt, sondern ist ihm schon vorher — z. B. bei der Auslobung in dem Augenublick, in
dem er die von dem Schuldner gesorderte Handlung vornahm — angefallen. Das ist z. B.
wichtig, wenn über das Vermögen des Gläubigers, noch ehe er die Annahme erklärt, Kon-
kurs eröffnet wird.
II. Außer durch Rechtsgeschäft werden Forderungen namentlich begründet:
1. durch auftraglose Geschäftsführung,
2. durch Delikt,
3. durch ungerechtfertigte Bereicherung.
2. Bie Form der obligatorischen Rechtsgeschäfte.
§ 82.
I. Für die Form der obligatorischen Rechtsgeschäfte kommen außer den all-
gemeinen auch für nicht obligatorische Rechtsgeschäfte gültigen und deshalb be-