8 84. Alternativobligationen. 363
Lieferung des gesund gebliebenen Tiers wählen und wie zu II, 2 Schadensersatz für das
andre Tier fordern. 2. Wahlberechtigt war C. Hier behält C. sein Wahlrecht. Er kann
also Schadensersatz für das eingegangene oder Lieferung des gesund gebliebenen Tiers fordern.
e) Die Wahl geschieht durch eine formlose, einseitige, empfangsbedürftige,
rechtsgeschäftliche Willenserklärung (s. 263 —I).
Beispiel. In dem zuletzt besprochenen Fall hat C. die beiden Pferde, zwischen denen
er zu wählen hat, zur Probe in seinen Stall genommen; nach einiger Zeit erklärt er seinem
Knecht, daß er den Schimmel behalten wolle, weil er zwar minder wertvoll als der Rappe,
aber bequemer zu reiten sei; er nimmt deshalb auch den Schimmel vollständig in Gebrauch,
entdeckt aber jetzt, daß das Tier keine Ausdauer hat, und entscheidet sich nunmehr durch
Schreiben an B. doch für den Rappen. Hier ist C. zu dieser Anderung seiner Wahl wohl
befugt; denn die erste Wahl war, weil nicht gegenüber B. erklärt, unverbindlich. So auch
dann, wenn der Schimmel durch das häufige und anstrengende Reiten C.s Schaden gelitten
hat; doch muß C. in diesem Fall dem B. Schadensersatz leisten.
f) Sobald der Wahlberechtigte seine Wahlerklärung abgegeben, ist sie un-
widerruflich: der Wahlberechtigte hat kein „jus variandi“! Denn das Gesetz
hat das Gegenteil nicht bestimmt; dem Bedürfnis des Rechtslebens würde aber
eine Widerruflichkeit der Wahl keineswegs entsprechen, da die Gegenpartei
regelmäßig ein Interesse daran hat, möglichst schnell Gewißheit darüber zu
erlangen, wie die Obligation später erfüllt werden soll.
g) Der Alternativobligation mit Wahlbefugnis des Schuldners steht
folgender Fall nahe: der Schuldner ist zu einer einzigen im Vertrage be-
zeichneten Leistung verpflichtet, kann aber, wenn er will, sich auch durch eine
andre Leistung befreien (sog. facultas alternativa). Doch zeigt dieser Fall
von dem der Alternativobligation folgende Unterschiede.
aJ Der Gläubiger darf nur auf die im Vertrage bezeichnete Leistung
klagen; nur sie wird im Urteil festgestellt; nur sie darf der Gläubiger im
Wege der Zwangsvollstreckung beitreiben.
65) Wird die Vertragsleistung unmöglich, so wird die Obligation keines-
wegs auf die andre Leistung konzentriert, sondern letztere Leistung hängt nach
wie vor vom freien Willen des Schuldners ab.
?) Dadurch, daß der Schuldner dem Gläubiger erklärt, statt der Ver-
tragsleistung die andre Leistung vollziehn zu wollen, wird diese noch nicht ge-
schuldet und die Vertragsleistung scheidet noch nicht aus der Obligation aus;
wenn also die andre Leistung unmöglich wird, dagegen die Vertragsleistung
möglich bleibt, wird der Schuldner nicht frei.
Beispiele. I. A. hat seinem Schwiegersohn B. in notarieller Urkunde als Teil der
Ausstattung seiner Tochter „das ganze in Schloß Jossa befindliche Mobiliar“ versprochen,
sich aber das Recht vorbehalten, statt des Mobiliars eine Absindung von 15000 Mk. in bar
an B. zu zahlen; nun brennt das Mobiliar, noch ehe A. es dem B. übergeben hat, ab.
Hier ist A. haftfrei. II. Anders wäre zu entscheiden gewesen, wenn A. dem B. jenes
Mobiliar oder nach eigner Wahl 15000 Mk. in bar versprochen hätte. Denn dann wäre
nach den Regeln oben zu 4 A. durch den Brand nicht befreit worden, sondern hätte die
15000 Mk. zahlen müssen.
5) Gernsheim, Ersatzbefugnis (06).