Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

8 84. Treu und Glauben. 8 85. Teilbare Leistungen. 369 
verletzt; tut er es doch, so kann der Schuldner seine Leistungspflicht einfach 
bestreiten. Die Regel wendet sich aber ebensogut auch gegen den Schuldner: 
dieser darf den Gläubiger nicht mit einer Leistung abfertigen, die mit Treu 
und Glauben unvereinbar ist.1 
Beispiele. I. Der Gläubiger, der eine Zahlung vom Montag ab zu fordern hat, 
darf sie nicht schon Montag frühmorgens um 5 Uhr fordern, II. der Schuldner, der eine 
Zahlung zu leisten hat, darf das Geld dem Gläubiger nicht vor die Füße werfen, III. der 
Schuldner, der für eine von ihm angebotene Zahlung Zug um Zug Quittung fordert, muß 
dem Gläubiger das Nachzählen des Geldes erlauben, — dies alles, obschon weder das Gesetz 
noch das Rechtsgeschäft es besonders vorschreibt, gemäß der Verkehrssitte nach den Geboten 
von Treu und Glauben. 
VII. Auch bei nicht rechtsgeschäftlichen Forderungen kann der Inhalt 
mehr oder minder unbestimmt sein. Dann kommen die oben erwähnten Regeln 
über die Alternativ= und die Gattungsobligation und ebenso die zuletzt ge- 
dachte Regel, die den Inhalt der Forderungen nach der Verkehrssitte bestimmt, 
gleichfalls zur Anwendung (262, 243, 242). 
2. Bie Gegenstände der Forderungen. 
a) Teilbare und unteilbare, getrennte und verbundene 
Leistungen. 
g 86. 
I. 1. Eine Leistung ist teilbar, wenn sie in Teile zerlegt werden kann, die 
für den Gläubiger und den Schuldner verhältnismäßig den gleichen Wert 
haben wie die ganze Leistung. 
Beispiele. I. Teilbar ist eine Forderung auf die Zahlung von 1000 Mk., auf die 
Lieferung von 200 Flaschen Wein, auf das Ausbessern von 12 Rohrstühlen. II. Unteilbar 
ist eine Forderung auf die Lieferung eines Pferdes, auf die Herstellung einer Maschine. 
III. Teilbar ist je nach Lage des Einzelfalls die Forderung auf den Transport von 1000 
Zentnern Weizen von Thorn nach Danzig; die Teilung kann hier unter Umständen so statt- 
finden, daß nur 500 Zentner Weizen nach Danzig oder daß die vollen 1000 Zentner nur 
bis Graudenz geschafft werden. 
2. Die Bedeutung der Teilbarkeit einer Leistung ist mannigfach; so kann 
eine auf eine teilbare Leistung gerichtete Forderung teilweise an einen andern 
Gläubiger abgetreten werden, so kann sie im Fall einer Teilunmöglichkeit zu 
einem Teil gültig bleiben usw. 
II. Ofters werden mehrere Leistungen, die unter sich völlig verschieden 
sein können, rechtlich miteinander verbunden. Ist diese Verbindung nur eine 
äußerliche, formelle, mehr zufällige, so bildet jede Leistung den Gegenstand 
einer selbständigen Forderung. Ist die Verbindung dagegen eine sachliche, so 
10) Schneider, Treu u. Glauben (02). 
Cosack, Bürgerl. Recht. 5. Aufl. I. 24
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.