Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

§§ 88 ff. Fortnahme einer Einrichtung. Leistung von Geld und Zinsen. 379 
2. Lautet ein Zahlungsversprechen auf eine bestimmte Münzsorte, die sich 
zur Zeit der Zahlung nicht mehr im Umlauf befindet, so ist die Zahlung so 
zu leisten, wie wenn die Münzsorte im Versprechen nicht genannt wäre (245). 
II. Beide Regeln zu 1 gelten auch bei nicht rechtsgeschäftlichen Ver- 
pflichtungen. 
III. Beide Regeln zu I setzen voraus, daß die Verpflichtung auf „Geld“ als solches 
geht. Daneben gibt es aber Verpflichtungen, die auf die Leistung von Geldstücken gehn, 
gleich als seien diese gewöhnliche Sachen. Dann kommen obige Regeln nicht zur An- 
wendung, sondern die Geldleistung wird behandelt wie jede andre Sachleistung. 
1) Leistung von Zinsen. 
8 90. 
Zins ist die Vergütung, die dafür, daß jemand den Genuß eines Kapitals 
— d. h. irgendeines nur der Gattung nach bestimmten, wirtschaftlich nutzbaren 
Guts — eine gewisse Zeit hindurch entbehrt, nach Verhältnis dieser Zeit zu 
leisten ist oder tatsächlich geleistet wird. 
I. 1. Meist ist Kapital und Zins eine Geldsumme; beide können aber auch 
in andern Gütern, namentlich in Wertpapieren, bestehn. Doch darf das Kapital 
keinesfalls eine individuell bestimmte Sache sein: die Vergütung, die jemand 
dafür erhält, daß er des Genusses einer derartigen Sache zeitweise entbehrt, 
ist niemals eigentlicher Zins, sondern hat einen andern rechtlichen Charakter, 
also etwa den des Mietzinses. 
2. Der Zins muß von der Länge der Zeit, während deren der Genuß 
des Kapitals entbehrt wird, abhängig gemacht werden; meist geschieht dies so, 
daß er als ein jährlich zu zahlender Prozentsatz des Kapitalwerts bestimmt wird. 
Beispiel: „2700 Mk., verzinslich zu 4 % (nämlich von 2700 Mk.) auf das Jahr.“ Doch 
ist auch eine andre Berechnung möglich, z. B. „2700 Mk. mit 4% Zinsen von 3000 Mk. 
auf das Jahr“ oder „2700 Mk. mit ½% monatlichen Zinsen“ oder „2700 Mk. mit 30 Pfennig 
Zinsen für den Tag“. — Kein Zins liegt in folgender Klausel: A. soll an B. am 1. April 
1000 Mk. zahlen; kommt er in Verzug, so wird die Schuld um 10% erhöht. Denn dieser 
Zuschlag ist gleich hoch, mag A. einen Tag oder ein Jahr in Verzug sein, hängt also nicht 
von der Länge der Zeit ab, während deren B. sein Kapital entbehrt. 
II. 1. a) Die Regel ist, daß der Gläubiger nicht bloß die Zinsen des 
Kapitals, sondern auch das Kapital selbst zu fordern hat. Dann sind Kapital- 
und Zinsforderung rechtlich verbundene Ansprüche (s. oben S. 369). Daraus 
folgt, daß der Gläubiger, wenn ihm Zahlung der Zinsen ohne das fällige Kapital 
oder des fälligen Kapitals ohne die Zinsen angeboten wird, das Angebot als 
unzulässige Teilzahlung zurückweisen kann! (266). Und zwar ist die Kapital- 
forderung der Haupt-, die Zinsforderung der Nebenanspruch; daraus folgt, daß, 
wenn die Kapitalforderung verjährt, auch die Forderung auf die rückständigen 
oder zukünftigen Zinsen der Verjährung verfällt (s. oben S. 326) und daß 
bei Ungültigkeit der Kapitalforderung auch die Zinsforderung ungültig ist. 
1) Endemann 1 § 1228.
	        
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