394 Buch II. Abschnitt 1. Das Recht der Forderungen im allgemeinen.
leistung nicht verpflichtet, sondern lediglich für den Fall, daß er die Hauptleistung nicht frei-
willig bewirke, die Strafe übernimmt? Das Gesetz erklärt im ersten Beispiel das Straf-
versprechen für ungültig (1297 II); im zweiten Beispiel dürfte das Strafversprechen dagegen
für gültig zu erklären sein.“
2. Gesetzliche Privatstrafen sind im ganzen selten; dem bürgerlichen
Gesetzbuch sind sie sogar gänzlich unbekannt.
Beispiel: das Pfand= oder Ersatzgeld, das bei dem übertritt von Vieh auf ein fremdes
Grundstück der Viehbesitzer nach preußischem Recht an den Grundstücksbesitzer zu entrichten
hat (preuß. Ges. v. 1. 4. 80 8 69).
i) Draufgabe.
§ 94.—
Die Draufgabe wird von der einen Vertragspartei gegeben und von
der andern angenommen, um damit die Verbindlichkeit des Vertragsschlusses
zu bekunden. Die Bekundung kann dem Vertragsschluß nachfolgen. Sie kann
aber auch den Vertragsschluß selber darstellen, indem die Parteien durch die
Leistung und Annahme der Draufgabe ihren Vertragswillen zum ersten Mal
in verbindlicher Art erklären.
I. Die Hingabe und Annahme der Draufgabe soll die Wirkung des Ver-
tragsschlusses bestärken, indem sie die Tatsache des Vertragsschlusses unzwei-
deutig feststellt. Daraus folgt, daß die Draufgabe nicht als Reugeld dient,
daß also der Empfänger den Vertragsschluß nicht etwa durch Zurückgabe der
Draufgabe rückgängig machen kann (336); denn wenn dies der Fall wäre,
würde ja die Draufgabe die Wirkung des Vertrages geradezu abschwächen.
II. 1. Weil die Draufgabe zunächst nur den Abschluß des Vertrages be-
kunden soll, darf sich der Empfänger mit ihr nicht bereichern. Vielmehr muß
er die Draufgabe auf die vom Geber geschuldete Leistung anrechnen oder sie,
wenn die Leistung ihr nicht gleichartig ist, bei Erfüllung des Vertrages dem
Geber zurückgewähren; der Geber kann in letzterem Fall seine Leistung bis
zur Zurückgewährung der Draufgabe zurückbehalten. Wird der Vertrag wieder
aufgehoben, so ist die Draufgabe gleichfalls zurückzugewähren (337).
2. Doch hat die Draufgabe zugleich den Charakter einer schwachen Ver-
tragsstrafe: ist nämlich der Geber der Draufgabe daran schuld, daß der Ver-
trag wieder aufgehoben wird, oder ist die dem Geber obliegende Leistung durch
einen von ihm zu vertretenden Umstand unmöglich geworden, so kann der
Empfänger die Draufgabe behalten. Nur wenn er Schadensersatz wegen Nicht-
erfüllung fordert, verbleibt es bei der allgemeinen Regel, daß die Draufgabe
anzurechnen oder zurückzugeben ist (338).
4) Abw. RG. 53 S. 260.