8 99. Objektiv und subjektiv unmögliche Leistungen. 401
die Rechtswirksamkeit der Forderung wird durch eine derartige Unmöglichkeit
der geschuldeten Leistung nicht beeinträchtigt (s. 280 1); das will besagen:
der Gläubiger kann anders als im ersten Hauptfall auf der Vornahme der
Leistung, ihrer Unmöglichkeit ungeachtet, bestehn oder nach seiner Wahl wegen
des Ausbleibens der Leistung Schadensersatz („Schadensersatz wegen Nicht-
erfüllung") fordern.
J) Dritter Hauptfall: die geschuldete Leistung ist erst nachträglich, nachdem
die Forderung, deren Gegenstand sie darstellt, bereits zur Entstehung gelangt
ist, unmöglich geworden, ohne daß der Schuldner die Umstände, die die Un-
möglichkeit herbeigeführt haben, zu vertreten braucht; ob die Leistung auf einem
Vertrage oder auf einem andern Rechtsgrunde beruht und die Unmöglichkeit
eine objektive oder bloß eine subjektive ist, macht sowenig etwas aus wie im
zweiten Hauptfall. Dritte Hauptregel: die Forderung, die auf eine derart un-
mögliche Leistung geht, ist in dem Zeitpunkt, in dem die Leistung unmöglich
ward, erloschen (275); das will besagen: gerade wie im ersten Hauptfall
kann der Gläubiger die Vornahme der unmöglichen Leistung nicht verlangen
und wegen des Ausbleibens der Leistung auch keinen Schadensersatz fordern.
Beispiele. I. 1. A. will ein ihm gehöriges Bild, das er dem B. zur Verwahrung ge-
geben hat, für mindestens 5000 Mk. verkaufen; C. erfährt zufällig, daß D. auf das Bild
bis zu 6000 Mk. bieten will; rasch entschlossen kauft er es deshalb am 1. Mai dem A. für
5000 Mk. ab und verkauft es am 5. Mai an D. für 6000 Mk. weiter, so daß ihm ein Ge-
winn von 1000 Mk. sicher scheint; sowohl mit A. wie mit D. hat C. vereinbart, daß das
Bild erst am 6. Mai geliefert werden soll; da stellt sich heraus, daß das Bild bei B. ver-
brannt ist, ohne daß dabei dem A. oder dem B. ein Verschulden zur Last fällt. a) Erster
Fall: das Bild ist schon am 30. April verbrannt. Hier ist die Lieferung des Bildes von
A. an C. von Anfang an objektiv unmöglich. Somit ist der zwischen A. und C. abge-
schlossene Kaufvertrag nichtig; C. kann also von A. weder die Erfüllung des Vertrages
durch Lieferung des Bildes noch Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Kaufvertrages
sordern. b) Zweiter Fall: das Bild ist erst am 2. Mai verbrannt. Hier ist die Lieferung
des Bildes von A. an C. nachträglich unmöglich geworden und zwar durch einen Umstand,
den A. nicht zu vertreten braucht. Somit ist die Forderung C.##a uf Lieferung des Bildes
zwar gültig entstanden, aber nachträglich erloschen; C. kann also, gerade wie im ersten Fall,
von A. weder die Erfüllung des Vertrages durch Lieferung des Bildes noch Schadensersatz
wegen Nichterfüllung des Vertrages fordern. 2. Dieselben beiden Fälle wie zu 1; nur hat
A. gewußt, daß das Lager B.s besonders feuergefährlich war, hat aber dem C. hiervon keine
Mitteilung gemacht. Hier ist die Entscheidung für den ersten Fall dieselbe wie zu 1a.
Dagegen kann im zweiten Fall C. auf der Erfüllung des Vertrages durch Lieferung des
Bildes bestehn oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen: denn A. muß den
Brand in diesem Fall vertreten; C.##Schadensersatzanspruch geht auf Ersatz des ihm mit
1000 Mk. entgangenen Gewinns. II. 1. Dieselben Fälle wie zu 1; nur ist das Bild nicht
verbrannt, sondern dem B. gestohlen, von dem Diebe sofort auf eine Kunstauktion gebracht
und dort an den gutgläubigen E. versteigert; E. ist somit Eigentümer des Bildes geworden
(932, 935 II) und will es nur für einen Preis von 13000 Mk. herausgeben; A. und B.
sind an dem Diebstahl unschuldig und haben auch den Erwerb E.s nicht hindern können.
a) Erster Fall: das Bild ist schon am 28. April gestohlen und am 30. April versteigert
worden. Hier ist die Lieferung des Bildes von A. an C. von Anfang an gerade ebenso
unmöglich, wie wenn das Bild am 30. April verbrannt wäre. Die Unmöglichkeit ist aber
nur eine subjektive für A.; denn zwar nicht A., wohl aber E. wäre zur Lieferung des
Cosack, Bürgerl. Recht. 5. Aufl. 26