Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

§ 99. Unmögliche Leistungen. Negatives Vertragsinteresse. 407 
Stunde vor Abschluß des Tauschvertrages ein Widerspruch gegen die Richtigkeit dieser An- 
gabe eingetragen; demnach ist die Ausführung des Tauschvertrages für B. von Anfang an 
subjektiv unmöglich, da er von Anfang an außerstande ist, y dem A. gültig zu übereignen; 
X ist 80000, 7 85000 Mk. wert. Hier kann A., wenn er jene Unmöglichkeit bei Abschluß 
des Vertrages weder gekannt hat noch hat kennen müssen, nach seiner Wahl von B. gegen 
Herausgabe von 1 Schadensersatz für y in Höhe von 85000 Mk. fordern oder vom Tausch 
zurücktreten oder ohne eine eigne Gegenleistung von B. Schadensersatz für y in Höhe von 
5000 Mk. beanspruchen. II. Siehe auch unten S. 432, 433. 
IV. Wie oben zu I1, 1 a gezeigt, hat der Gläubiger, wenn eine ihm 
vertragsmäßig zugesagte Leistung von Anfang an objektiv unmöglich war, 
keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen des Ausbleibens dieser Leistung. 
Wohl aber kann ihm ein Anspruch auf den Ersatz des Schadens zustehn, 
den er durch sein Vertrauen auf die Gültigkeit des Vertrages erleidet (Ersatz 
des negativen Vertragsinteresses, oben S. 390); und zwar steht dieser An- 
spruch ihm zu, wenn die Unmöglichkeit der Leistung schon beim Vertrags- 
schluß dem Schuldner bekannt war oder bekannt sein mußte, während er selber 
sie damals nicht gekannt hat und nicht zu kennen brauchte. Dagegen dreht 
sich diese Ersatzpflicht um, wenn bei dem Vertragsschluß er selber die Un- 
möglichkeit der Leistung gekannt hat oder hätte kennen müssen, während sie 
dem Schuldner weder bekannt war noch bekannt sein mußte: alsdann ist ersatz- 
berechtigt der Schuldner, ersatzpflichtig der Gläubiger (307 1). 
Beispiele. Man nehme an, daß in dem oben S. 405 behandelten Fall der Rappe 
Talbot eine Stunde vor Abschluß des Tauschvertrages verendet ist, ohne daß eine der Par- 
teien es gewußt hat; in dem Tauschvertrage war vereinbart, daß jede Partei das eingetauschte Pferd 
sofort abholen sollte; demnach schicken C. und D. ihre Stallknechte gleich nach Abschluß des 
Vertrages aneinander ab; die Knechte kehren aber unverrichteter Sache zurück, da inzwischen 
der Unfall des Talbot bekannt geworden ist; durch die vergebliche Reise ist sowohl dem C. 
wie dem D. ein Schaden von 15 Mk. erwachsen. I. Erster Fall: der Unfall des Talbot 
hätte bei Abschluß des Vertrages dem D., nicht aber auch dem C. bekannt sein müssen. Hier 
ist D. dem C. schadensersatzpflichtig; er braucht aber nicht das große oben S. 405 spezifizterte 
positive, sondern nur das negative Geschäftsinteresse mit 15 Mk. zu erstatten. II. Zweiter 
Fall: der Unfall hätte umgekehrt dem C., nicht aber auch dem D. bekannt sein müssen. 
Hier ist C. dem D. ersatzpflichtig; die zu ersetzende Summe ist ebenso hoch wie zu I. 
III. Dritter und vierter Fall: der Unfall hätte sowohl dem C. wie dem D. oder weder 
dem C. noch dem D. bekannt sein müssen. Hier ist eine Ersatzpflicht beiderseits aus- 
geschlossen. 
V. Ist eine Leistung, die im Rechtssinn unteilbar ist, tatsächlich nur zu 
einem Teil unmöglich, so ist sie im Rechtssinn ganz unmöglich. Dagegen kann 
eine Leistung, die im Rechtssinn teilbar ist, nicht bloß tatsächlich, sondern auch 
im Rechtssinn zu einem Teil unmöglich, zu einem andern Teil möglich sein. 
1. Eine solche Teilunmöglichkeit hat grundsätzlich für den möglichen Teil der 
Leistung keine Bedeutung. Der Gläubiger kann also ebenso wie der Schuldner 
getrennt für sich auf der Vornahme dieses möglichen Teils bestehn; hat der 
Gläubiger infolge der Teilunmöglichkeit einen Schadensersatzanspruch wegen 
Nichterfüllung oder ein Rücktrittsrecht, so kann er beide Rechte nur in An- 
sehung des unmöglichen Teils geltend machen; wird er wegen der Teilun-
	        
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