§ 100. Verbotene Leistungen. § 101. Verfügungsmacht über Forderungen. 411
auf, daß er eine Leistung des Schuldners als Erfüllung der Forderung an-
nimmt usw.
II. Wie bei allen andern Vermögensrechten, so ist auch bei den Forderungen
nicht allein der Rechtsinhaber zur Verfügung über das Recht zuständig, sondern
die Verfügungsmacht ist in gewissem Umfang auch auf andre Personen über-
tragen: den Verfügungen des Gläubigers über seine eignen treten also Ver-
fügungen eines Nichtgläubigers über fremde Forderungen zur Seite (s. oben
§ 58)0). Unter den hierher gehörigen Fällen sind wegen ihrer praktischen
Wichtigkeit und ihrer rechtlichen Eigenart besonders bemerkenswert diejenigen, in
denen jemandem die Rechtsmacht zur Verfügung über eine fremde Forderung
nur um deswillen zugestanden wird, weil der äußere Schein dafür spricht, daß
er der Gläubiger der Forderung ist. Es sei gestattet, in Fällen dieser Art
den Inhaber der Verfügungsmacht als Scheingläubiger zu bezeichnen.
1. Die Zahl der Fälle, in denen Verfügungen, die ein Scheingläubiger
über eine ihm anscheinend gehörige Forderung trifft, als solche gültig sind, ist
verhältnismäßig gering und bleibt weit hinter der Zahl der Fälle zurück, in
denen, wie später im Sachenrecht zu zeigen, die Verfügungen eines Schein-
eigentümers über die ihm anscheinend gehörigen Grundstücke oder Fahrnis-
sachen oder die Verfügungen eines Scheinhypothekengläubigers über die ihm
anscheinend gehörige Hypothek volle Geltung haben. Sehen wir einstweilen
von den durch Inhaber-, Order= oder Legitimationspapiere verbrieften und von
den hypothekarisch gesicherten Forderungen ab, so haben wir es im wesentlichen
nur mit drei Fällen zu tun. Unter vorläufigem Verzicht auf eine völlig
genaue Feststellung ihres Tatbestandes seien diese drei Fälle charakterisiert
wie folgt:
a) Erster Fall: jemand verfügt über eine Forderung, die ihm einstmals
gehört hat, aber später auf einen andern Gläubiger übergegangen ist (407
I, 412).
b) Zweiter Fall: jemand verfügt über eine Forderung, die laut Er-
klärung des Gläubigers auf ihn übergegangen sein soll, während der Übergang
in Wahrheit nicht erfolgt ist (409, 412).
c) Dritter Fall: jemand verfügt über eine zum Nachlaß eines Ver-
storbenen gehörige Forderung als angeblicher Erbe, gestützt auf einen Erbschein,
der ihn fälschlich als Erben benennt (2366).
Näheres s. unten 88§ 114, 400.
Als vierten Fall kann man noch den erwähnen, daß jemand über eine fremde Forde-
rung, gestützt auf eine über sie ausgestellte von ihm zu Unrecht benutzte Quittung, verfügt
(370). Nur kann man den Verfügenden in diesem Fall nicht als Scheingläubiger, sondern
muß ihn als Scheinermächtigten des Gläubigers bezeichnen.
2. In allen drei zu 1. genannten Fällen ist die Verfügungsmacht des
Scheingläubigers eigentümlich beschränkt; insbesondre gilt sie im ersten und
zweiten Fall nur für Verfügungen zugunsten des Schuldners und versagt in