Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

436 Buch II. Abschnitt 1. Das Recht der Forderungen im allgemeinen. 
schäftsführer fordern und auch dies nur unter der Voraussetzung, daß die 
Verwendungen nötige waren (292 II, 994 II, 990). 
II. Zweiter Fall: der Gläubiger hat wegen seiner Forderung gegen den 
Schuldner ein rechtskräftiges Erkenntnis erstritten und dem Schuldner eine ange- 
messene Nachfrist zur Nachholung der Leistung unter der Androhung gestellt, daß er 
die Annahme der Leistung nach dem Ablauf der Frist ablehne. Hier kann, 
wenn der Schuldner sich nicht in Erfüllungsverzug befindet, der Gläubiger 
nach Ablauf der Frist zwar nicht, wie im Verzugsfall, Schadensersatz wegen 
Nichterfüllung verlangen (283 1 Satz 3); wohl aber hat der Fristablauf die 
Folge, daß, wie im Verzugsfall, weder er die Leistung einfordern noch der 
Schuldner sie ihm aufdrängen darf und daß demgemäß, wenn die Forderung 
des Gläubigers auf einem gegenseitigen Vertrage beruht, auch die ihm selber 
obliegende Pflicht zur Gegenleistung in Fortfall kommt (s. 283, 325 10. 
III. Dritter Fall: die Forderung des Gläubigers beruht auf einem Fix- 
geschäft. Hier hat der Gläubiger, wenn der Schuldner die rechtzeitige Leistung 
unterläßt, ohne in Erfüllungsverzug zu geraten, zwar nicht, wie im Verzugs- 
fall, ein Recht auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung, wohl aber das Recht 
sofortigen Rücktritts (361). 
IV. Vierter Fall: die Einhaltung der Erfüllungszeit ist für die geschuldete 
Leistung so wesentlich, daß sie, würde sie nach Ablauf der Erfüllungszeit 
nachgeholt, zu einer Leistung andrer Art werden würde. Hier gelten, wenn 
die Leistung nicht rechtzeitig geschieht, ohne Rücksicht darauf, ob sich der 
Schuldner in Erfüllungsverzug befindet, nicht die Regeln von der Verspätung, 
sondern von der Unmöglichkeit der Leistung. Es ist demnach eine Nach- 
holung der Leistung von Rechts wegen ausgeschlossen, ohne daß der Gläubiger 
dies zuvor besonders erklären müßte: nicht nur kann der Schuldner die 
Nachholung der Leistung dem Gläubiger nicht aufdrängen, sondern auch der 
Gläubiger kann sie dem Schuldner nicht aufzwingen. 
Beispiel. A. hat dem B. eine Wohnung auf die Zeit vom 1. April 08 bis 1. April 09 
vermietet, aber trotz Mahnung nicht übergeben; nun verlangt B. im März 09 „Nach- 
lieferung“ der Wohnung für das neue mit dem 1. April 09 beginnende Jahr. Hier braucht 
A. dem Verlangen B.s nicht zu entsprechen. Denn eine Mietwohnung nach Ablauf der be- 
dungenen Mietzeit nachzuliesern ist unmöglich. 
V. Fünfter Fall: der Schuldner ist aus einem in der Person des 
Gläubigers liegenden Grunde oder infolge einer nicht auf Fahrlässigkeit seiner- 
seits beruhenden Ungewißheit über die Person des Gläubigers nicht in der 
Lage, seine Verbindlichkeit mit Sicherheit zu erfüllen, ohne daß sich der 
Gläubiger in Annahmeverzug befindet. Hier kann der Schuldner den Schuld- 
gegenstand in derselben Art öffentlich hinterlegen wie im Fall des Annahme- 
verzuges (372 Satz 2); und ist der Verderb der zu leistenden Sache zu be- 
sorgen oder die Aufbewahrung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, so 
hat er sogar das Recht des formellen Selbsthülfeverkaufs (383 1 Satz 2). 
Beispiel. A. ist durch Testament des verstorbenen B. als dessen Erbe verpflichtet, an
	        
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