Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

8 114. Wirkung der Abtretung einer Forderung. 459 
seine Forderung mehrmals an verschiedene Personen abtritt, ist nur die erste 
Abtretung gültig. Doch muß der erste Erwerber der Forderung alle Leistungen, 
die der Schuldner an den späteren Erwerber gemacht hat, und alle Rechts- 
geschäfte, die zwischen dem Schuldner und dem späteren Erwerber über die 
Forderung vorgenommen worden sind, gegen sich gelten lassen, sofern der 
Schuldner zur Zeit der Leistung oder des Rechtsgeschäfts die erste allein 
gültige Abtretung nicht erweislich gekannt hat (408 1). 
Beispiel. A. hat seine fällige Forderung von 1000 Mk. gegen B. am 1. Mai münd- 
lich dem C., am 5. Mai schriftlich unter Aushändigung des über die Forderung ausgestellten 
Schuldscheins dem D. abgetreten; am 6. Mai zeigt D. unter Vorlegung der Abtretungs- 
urkunde des A. dem B. die Abtretung an und B. macht eine Abschlagszahlung von 500 Mk. 
an ihn; am 7. Mai teilt A. dem B. auch die Abtretung der Forderung an C. mit. Hier 
ist A. durch die Zahlung der 500 Mk. an D. auch gegenüber C. befreit; dagegen darf er 
den Rest seiner Schuld fortab nur an C. zahlen. 
Die Regel zu b gilt analog auch dann, wenn eine bereits abgetretene Forderung durch 
gerichtlichen Beschluß einem Dritten überwiesen wird oder wenn der bisherige Gläubiger 
dem Dritten gegenüber anerkennt, daß eine bereits abgetretene Forderung kraft Gesetzes auf 
ihn (den Dritten) übergegangen ist (108 II). 
IV. 1. Der neue Gläubiger kann die Forderung in dem vollen Umfang, 
in dem sie ihm abgetreten ist, geltend machen. So auch dann, wenn der 
alte Gläubiger ihm die Forderung mit einem „Damno“ übertragen, d. h. 
als Entgelt sich nicht den Nennwert der Forderung, sondern nur einen ge- 
ringeren Betrag ausbedungen hat. 
2. Die Forderung steht dem neuen Gläubiger mit allen Vorzügen zu, die 
sie vor der Abtretung besaß. So gehen alle Hypotheken und Faustpfandrechte, 
die für die Forderung bestanden, die Ansprüche aus einer für die Forderung 
bestellten Bürgschaft, alle Vorzugsrechte, deren die Forderung sich für den Fall 
des Konkurses oder der Zwangsvollstreckung erfreute, auf den neuen Gläubiger 
über.? Auch für die Nebenansprüche, die die Forderung begleiteten, mögen sie 
nun auf Zinsen, mögen sie auf Schadensersatz, mögen sie auf Vertragsstrafen 
u. dgl. gerichtet sein, gilt das gleiche wenigstens insoweit, als sie erst nach der 
Abtretung fällig werden, während bei Nebenansprüchen auf rückständige Zinsen 
und bereits verfallene Strafen besonders bewiesen werden muß, daß auch sie 
mit abgetreten sind. ½ 
3Aber auch die Mängel, die der Forderung zur Zeit der Abtretung an- 
hafteten, bleiben nach der Abtretung fortbestehn. Die Forderung bleibt also 
nichtig oder anfechtbar, wenn sie es vorher war, ihre Verjährung setzt ohne 
Unterbrechung ihren Lauf fort, alle Einreden, die gegen den ursprünglichen 
Gläubiger begründet waren, gehen nunmehr auch gegen den neuen Gläubiger 
(404). Doch gelten hier folgende Besonderheiten. 
a) Wenn der Schuldner gegen den alten Gläubiger den Einwand erheben 
8) Siehe auch R. 55 S. 404. 
9) RG. 65 S. 418. Siehe auch ebenda 60 S. 370, 65 S. 169. 
10) Abw. Schollmeyer Anm. 1 zu § 401; Endemann 1 § 1525.
	        
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