Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

§ 116. Schuldübernahme. 465 
bis entweder der alte oder der neue Schuldner ihn dazu auffordert; bis zur 
Genehmigung können die Parteien den Vertrag ändern oder ganz aufheben. 
Für die Genehmigung besteht eine gesetzliche Frist nicht; wohl aber kann der 
alte wie der neue Schuldner dem Gläubiger eine beliebige 3 Frist setzen; er- 
klärt sich der Gläubiger binnen dieser Frist nicht, so gilt seine Genehmigung 
als verweigert (415). 
a) Erteilt der Gläubiger seine Genehmigung, so ist der Schuldübernahme- 
vertrag vollwirksam; der alte Schuldner ist also frei, der neue Schuldner tritt 
ganz an seine Stelle. Und zwar hat die Genehmigung rückwirkende Kraft; 
die Schuldübernahme gilt also als erfolgt nicht erst im Augenblick der Ge- 
nehmigung, sondern schon im Augerblick des Vertragsschlusses zwischen dem 
alten und dem neuen Schuldner (184). 
8) Verweigert der Gläubiger die Genehmigung, so gilt die Schuldübernahme 
als nicht geschehn. Der Übernahmevertrag ist mithin auch im Verhältnis 
zwischen dem alten und dem neuen Schuldner unverbindlich, mag auch der 
Gläubiger sich etwa nachträglich zur Genehmigung bereit erklären. 
Eine abweichende Konstruktion der Schuldübernahme vertreten v. Blume und Hellwig 
a. a. O. Insbesondre behauptet Hellwig, daß auch in dem zu b genannten Fall ein Ver- 
trag zwischen dem neuen Schuldner und dem Gläubiger vorliege: was das Gesetz „Ge- 
nehmigung“ des Gläubigers nenne, sei in Wahrheit die Annahme einer ihm vom neuen 
oder mit dessen Ermächtigung vom alten Schuldner gemachten Vertragsofferte. 
3. Einer Form bedarf der Schuldübernahmevertrag nicht, selbst wenn er 
schenkungsweise abgeschlossen wird oder auf die Übereignung eines Grund- 
stücks abzielt. 
4. Wenn die Schuldübernahme rechtswirksam geworden ist, tritt der neue 
Schuldner in die Verpflichtungen des alten Schuldners dem Gläubiger gegen- 
über ein: er haftet in gleicher Art wie der alte Schuldner, nicht milder, aber 
auch nicht strenger. Demgemäß muß er nicht bloß die Haupt-, sondern auch 
die Nebenverpflichtungen des alten Schuldners an Zinsen, Schadensersatz usw. 
erfüllen, wenigstens soweit als diese Verpflichtungen sich auf die Zeit nach 
der Schuldübernahme beziehn. Andrerseits kann er sich auch auf alle Ein- 
wendungen berufen, die dem alten Schuldner zustanden (417 1). Doch er- 
leiden diese Regeln einige Ausnahmen. 
a) Konnte der Gläubiger im Konkurse des alten Schuldners ein Vorzugs- 
recht geltend machen, so steht ihm im Konkurse des neuen Schuldners dies 
Vorzugsrecht nicht zu (418 II). Das gleiche muß für Vorzugsrechte gelten, 
die sich auf die Zwangsvollstreckung außerhalb des Konkurses beziehn. 
b) Mit Gegenforderungen, die dem alten Schuldner gegen den Gläubiger 
zustehn, darf der neue Schuldner nicht aufrechnen; dagegen kann er sich auf 
eine Aufrechnung, die der alte Schuldner bereits erklärt hat, berufen (417 1). 
c) Häufig wird in der Schuldübernahme ein Anerkenntnis der Schuld 
seitens des neuen Schuldners liegen; dann ist zu prüfen, inwieweit etwa der 
3) Vgl. Romeick, z. Technik d. BG.8 (01) S. 50. 
Cosack, Bürgerl. Recht. 5. Aufl. I. 30
	        
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