8 119. Gesamtschuldnerschaft. 471
den Gläubiger in Annahmeverzug versetzt, der Gläubiger auch gegenüber den
Mitschuldnern als säumig gilt (424).
Beispiel. Gesetzt, daß in dem ersten zu b genannten Fall C. eine aufrechenbare Gegen-
sorderung von 1000 Mk. gegen A. hat, so kann A. trotzdem die ganze Darlehnssumme mit
1000 Mk. von B. einfordern, ohne daß B. sich auf das Aufrechnungsrecht des C. berufen
kann; sobald aber C. gegenüber A. erklärt, von seinem Aufrechnungsrecht Gebrauch machen
zu wollen, ist die Forderung A.s nicht bloß gegenüber C., sondern auch gegenüber B. er-
loschen, so daß A. von B. gar nichts mehr sordern kann.
d) Mit diesen Regeln ist aber der Einfluß, den ein Gesamtschuldner
auf die Rechte und die Verpflichtungen der Mitschuldner ausübt, erschöpfend
bestimmt. Darüber hinaus steht ihm ein Einfluß auf die Mitschuldner nicht
zu: wenn also ein Schuldner in Erfüllungsverzug gerät, so zieht das den Er-
füllungsverzug der andern Mitschuldner nicht nach sich; wenn ein Schuldner
kündigt oder wenn ihm vom Gläubiger gekündigt wird, wird nur seine eigne
Verpflichtung fällig, während die der andern befristet bleibt; wenn im Prozeß
mit einem Schuldner ein Urteil ergeht, wirkt das weder für noch gegen die
andern Schuldner; wenn in der Person eines Gesamtschuldners Forderung
und Schuld zusammentrifft, erlischt nur die Verbindlichkeit dieses einzelnen
Schuldners, während die andern Schuldner verhaftet bleiben, usw. (425).
Beispiele. I. Wenn in dem zweiten oben zu b genannten Fall die von D. und E.
gemeinsam übernommenen Arbeiten nicht rechtzeitig fertig werden, weil D. nicht bloß für
seine Person säumig arbeitete, sondern auch den E. an prompter Arbeit hinderte, so ist allein
D. schadensersatzpflichtig, während E. sich darauf berufen kann, daß er durch einen von ihm
nicht zu vertretenden Umstand an der Erfüllung seiner Pflicht verhindert worden ist.
II. Anders ist die Rechtslage, wenn D. ohne Grund einfach von der Arbeit fortgeblieben ist.
Hier ist E. durch das Ausbleiben D.s keineswegs entschuldigt, sondern mußte, da er als
Gesamtschuldner für die Ausführung der ganzen Arbeit haftbar war, an die Stelle D.s ein-
springen, indem er sich die fehlenden Arbeitskräfte, Gerätschaften usw. anderweit bbeschaffte.
Und ist er hierzu außerstande, so ändert das an seiner Haftung nichts. Denn dies sein
Unvermögen, die von ihm als Gesamtschuldner allein übernommene Arbeit auch wirklich
allein auszuführen, ist nicht erst durch die Säumnis D.s entstanden, sondern lag schon bei
Abschluß des Vertrages mit F. vor. Ergebnis: die Schadensersatzpflicht trifft in diesem Fall
sowohl den D. wie den E.
e) Daß jeder Gesamtschuldner für sich allein die ganze Schuld zu tragen
hat, gilt nur im Verhältnis zum Gläubiger. Dagegen sind im Verhältnis
untereinander die Gesamtschuldner bloß zu einem Anteil und zwar im Zweifel
jeder zu einem gleichen Anteil verhaftet. Demgemäß kann ein Schuldner, der
die Gesamtschuld ganz oder teilweises: erfüllt hat, von den übrigen Schuldnern
eine anteilige Erstattung der von ihm bewirkten Leistung fordern; ist einer der
Mitschuldner zur Erstattung seines Anteils nicht imstande, so ist der Ausfall
von sämtlichen Mitschuldnern nach Verhältnis zu tragen (426 1).— Den Er-
stattungsanspruch kann der Mitschuldner aus eignem Recht, auf Grundlage der
zwischen ihm und den andern Mitschuldnern bestehenden Gemeinschaft, erheben.
Er kann die Erstattung aber auch aus einem von der Person des durch
1) F. Schultz, Rückgriff und Weitergriff (07).
2) Siehe aber Ortmann Anm. 1 zu § 426.