Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

8 121. Begriff des Kaufs. 481 
I. Der Kauf.“ 
1. Zegriff und Abschluß. 
8 121. 
I. 1. Der Kauf (emtio venditio) geht auf den vertragsmäßigen Umsatz 
von Gütern gegen Geld: die eine Partei, der Verkäufer, übernimmt die Ver- 
pflichtung, irgendein wirtschaftliches Gut von dem alten auf einen neuen In- 
haber zu übertragen, während die andre Partei, der Käufer, die Zahlung 
einer Geldsumme als Entgelt für jenes Gut verspricht (s. 433). 
Beispiel. A. fragt bei Buchhändler B. nach einer bestimmten Ausgabe von Jean 
Pauls Werken; B. erwidert, daß sie 8 Mk. koste, im Augenblick nicht vorrätig sei, aber 
binnen 4 Tagen besorgt werden könne; darauf „bestellt“ A. das Buch. Hier liegt, obschon 
die Parteien das Wort „Kauf“ nicht brauchen, doch ein Kaufvertrag vor; denn B. soll 
das Buch, nachdem er es hat kommen lassen, von sich auf A. übertragen, und A. soll dafür 
als Entgelt 8 Mk. zahlen. 
2. So einfach und klar die Begriffsbestimmung zu 1 scheint, so ist es 
doch nicht immer leicht, den Kauf gegen andre Vertragsarten, namentlich den 
Tausch, die Pacht, den Werkvertrag, scharf abzugrenzen. Doch soll davon erst 
bei der Darstellung dieser andern Verträge die Rede sein. 
II. 1. Als Gegenstand des Kaufs nennt das Gesetz einerseits Sachen — 
und zwar sowohl Grundstücke wie Fahrnissachen, sowohl individuell bezeichnete, 
wie nur der Gattung nach bestimmte Sachen —, andrerseits Rechte (433, 436, 
455, 480 usw.). Doch kommen daneben auch alle sonstigen wirtschaftlichen 
Güter, die von einem Inhaber auf einen andern übertragen werden können, 
als Gegenstände des Kaufs in Betracht, insbesondre Geschäftsgeheimnisse, die 
Kundschaft eines Kaufmanns, die Praxis eines Arztes usw.? 
Daß das Gesetz den Kauf von „Sachen“ und den von „Rechten“ in Gegensatz bringt, 
ist willkürlich; denn auch beim Kauf von Sachen wird ein Recht, nämlich das Eigentum an 
der Sache verkauft. Siehe oben S. 159a. 
Auch Geld kann Gegenstand des Kaufs sein, namentlich ausländisches Geld, seltne 
Goldstücke. 
Uber den Kauf von Wertpapieren siehe unten im 2. Bande. 
2. Es kann geschehn, daß der Gegenstand des Kaufs zur Zeit des Kauf- 
abschlusses tatsächlich nicht vorhanden ist. Alsdann ist folgendermaßen zu 
unterscheiden: 
a) Als Regel ist anzusehn, daß der Kauf, weil auf eine zurzeit unmög- 
liche Leistung gerichtet, nichtig ist (306); der Verkäufer braucht also weder 
Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu leisten, noch ist er, wenn der Gegen- 
stand nachträglich entsteht, zur Nachlieferung verpflichtet; ebensowenig braucht 
der Käufer den Kaufpreis zu zahlen; doch kann im Einzelfall eine Partei der 
1) Emerich, Kauf u. Werklieferungsvertrag (99); Bernhöft bei B. u. F. (89). 
2) Vgl. RG. 63 S. 59; Enneccerus 1 § 324 II, 4. 
Cofsack, Bürgerl. Recht. 5. Aufl. I. 31
	        
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