8 122. Gefahrübergang beim Kauf. 487
Käufers soll sie ihm vom Verkäufer nach einem andern Ort als dem Erfüllungs-
ort zugeschickt werden. Hier geht die Gefahr bereits im Augenblick der Ab-
sendung auf den Käufer über (447; s. auch unten S. 505).
0) Dritter Fall (im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt!): verkauft ist ein
Grundstück oder eine Fahrnissache; der Verkäufer ist rechtsgeschäftlich von der
Verpflichtung befreit, die Sache auf Grund des Kaufvertrages dem Käufer zu
übergeben. Hier geht die Gefahr bereits in dem Augenblick auf den Käufer
über, in dem der Kaufvertrag abgeschlossen oder derjenige Rechtsakt vor-
genommen wird, der laut Parteivereinbarung an die Stelle der Übergabe tritt
(s. unten S. 503 1).1
) Vierter Fall: verkauft ist ein Grundstück oder eine Fahrnissache; der
Käufer ist in Annahmeverzug geraten. Hier geht die Gefahr bereits mit dem
Augenblick auf den Käufer über, in dem dessen Verzug beginnt (300 1)).
Beispiele. I. A. hat sein neugebautes Haus Ende März an B. für 100000 Mk.
verkauft; die Übergabe soll im April, die Auflassung mit Rücksicht darauf, daß die kataster-
mäßige Vermessung des Grundstücks noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird, erst im
Mai geschehn; am 2. April treffen sich A. und B. im Hause, sehn sich alles an und ver-
einbaren, daß A. noch eine kleine bauliche Anderung vornehmen soll; darauf übergibt A.
dem B. einen Hausschlüssel, während er einen zweiten Schlüssel, „weil ja noch nicht alles
erledigt ist“", zurückbehält; schließlich verlassen beide das Haus, und zwar nach Austausch
einiger Komplimente A. als erster, B. als zweiter, nachdem letzterer die Worte: gjetzt bin
ich hier zu Hause“ fallen gelassen hat; Tags darauf brennt das Haus ab, und es entsteht
dadurch ein Schaden von 60000 Mk., der durch Feuerversicherung nur zu ½/ gedeckt ist.
Hier trifft der Schaden allein den B.; denn in der Verhandlung vom 2. April ist, wie aus
den Schlußworten B.s hervorgeht, eine Übergabe des Hauses von A. an B. zu finden, so
daß damit auch die Gefahr des Unterganges des Hauses von A. auf B. übertragen ist. Die
Höflichkeitsfloskel B.#s kostet ihm also 20000 Mk. II. 1. Derselbe Fall wie zu 1; nur soll
die Auflassung schon im April, die Übergabe erst im Mai stattfinden, da A. noch mancherlei
in dem Hause umändern soll und B. sich auf die lbergabe erst nach diesen Anderungen
einlassen will; demgemäß findet die Auflassung am 2. April statt, und am 3. April
wird B. als Eigentümer des Hauses im Grundbuch eingetragen; an eben diesem Tage
brennt das Haus ab. Hier hat den Brandschaden wiederum der Käufer B. zu tragen, falls
die Umschreibung des Hauses auf seinen Namen im Grundbuch schon vor Entstehung des
Brandes erfolgt ist. Dagegen trifft, wenn die Umschreibung erst während des Brandes oder
nachher geschah, der Schaden teilweise oder ganz den Verkäufer A. Es kann also im Einzel-
fall eine Minute, um die die Eintragung beschleunigt oder verzögert wird, für eine der
Parteien einen Gewinn oder Verlust von Tausenden bedeuten. Deshalb wird sich A., wenn
er ein guter Jurist ist, gleich nachdem er von dem Feuer Kenntnis erlangt, nicht bloß an
die Feuerwehr, sondern auch an das Grundbuchamt wenden und dort sofort den Zeitpunkt
der Umschreibung des Hauses auf B. bis auf die Minute festzustellen suchen; denn wenn er
den Zeitpunkt der Umschreibung erst später zu ermitteln versucht, wird die Antwort des
Grundbuchamts minder genau sein. 2. 3. Siehe die Beispiele unten S. 503 I, 505, 2. 4. C.
hat ein Pferd an D. verkauft; D. soll es am 1. März abholen, ist aber nicht imstande dazu, weil
er am 28. Febr. auf Grund einer unbegründeten Denunziation plötzlich verhaftet und ihm
am ersten Tage jeder Verkehr mit der Außenwelt versagt wird; am 2. März wird das
Pferd durch den Steinwurf eines Unbekannten ohne jedes Verschulden des C. und seiner
Leute getötet. Hier trägt D. die Gefahr des Pferdes: denn er befand sich ja in Annahmeverzug.
1) Planck-Greiff Anm. 2b a zu § 446. Abw. einerseits Crome 2 S. 416, andrerseits
Endemann 1 § 159a #6.