Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

492 Buch II. Abschnitt 2. Einzelne Arten der Forderungen. 
wendet, daß sie von dem Transporteur einem gutgläubigen Dritten verpfändet, daß sie 
beschmutzt wird. 
Ob ein Unfall, der die Kaufsache trifft, als Untergang oder als bloße Beschädigung 
der Kaufsache aufzufassen ist, wird nicht immer leicht zu entscheiden sein. Wird z. B. durch 
den Brand eines Hauses das Hausgrundstück (bestehend aus Haus und Bodenfläche) be- 
schädigt oder ist es teilweise untergegangen? Wie steht es, wenn ein Pferd stirbt oder wenn 
es ein Bein bricht, so daß es totgeschossen werden muß? 
b) Die einzelnen Verpflichtungen des Verkäufers. 
a) Übergabe der Kaufsache. 
– 123. 
I. 1. a) Die erste Verpflichtung des Verkäufers ist, daß er die Kauf- 
sache dem Käufer zu übergeben hat (433 1). Die Ubergabe besteht in 
der Ubertragung des unmittelbaren Besitzes der Sache auf den Käufer oder 
dessen Vertreter. Inwiefern mit der Kaufsache auch deren Zubehör übergeben 
werden muß, ist bereits früher erörtert (s. oben S. 375). 
Was zur Ubergabe gehört, ist erst in der Lehre vom Besitz genauer zu erörtern. 
Ganz einfach ist die Frage nicht; vielmehr ist es in der Praxis überaus häufig sehr zweifel- 
haft, ob eine Ubergabe erfolgt ist oder nicht: siehe z. B. den Fall I oben S. 487. Sehr 
beachtenswert ist auch in diesem Zusammenhang die Entscheidung des Reichsgerichts Bd. 52 
S. 277: will man die Rechtsprechung des Reichsgerichts kritisch würdigen, so darf man 
dies geradezu unbegreifliche Urteil nicht unberücksichtigt lassen. 
b) Die Übergabepflicht fällt fort, wenn die Sache vor oder nach Abschluß 
des Kaufvertrages bereits in den Besitz des Käufers oder seines Vertreters 
gelangt ist. 
Beispiel. A. entschließt sich dazu, das Landhaus des B., das er seit Jahren als Mieter 
allein bewohnt, dem B. abzukaufen. Hier bedarf es einer Ubergabe des Hauses von B. 
an A. nicht. 
2. Die Kosten der Ubergabe treffen den Verkäufer; hierher gehören 
namentlich, wenn die Kaufsache nach Maß oder Gewicht verkauft ist, die Kosten 
des Messens und Wägens (448 1). 
3. Zeit und Ort der Übergabe bestimmen sich nach allgemeinen Regeln. 
Demnach ist die Ubergabe sofort nach dem Abschluß des Kaufvertrages an dem 
Ort vorzunehmen, wo der Verkäufer zur Zeit des Vertragsschlusses seinen 
Wohn= oder Geschäftssitz hatte (271, 269 I, 1). 
Beispiel. A. hat einen sehr zerbrechlichen Glaskronleuchter, der in seiner Wohnung 
hängt, gelegentlich eines Umzuges an seinen Freund B. verkauft. Hier liegt es dem A. ob, 
den Kronleuchter von der Decke abzulösen: denn das gehört zur Ubergabe. Dagegen ist die 
Verpackung und der Transport des Kronleuchters Sache des B.: A. braucht sich mit dieser 
riskanten Angelegenheit selbst dann nicht zu befassen, wenn B. sich erbietet, alle Kosten 
zu tragen. 
II. Ist es streitig, ob der Verkäufer seiner Ubergabepflicht genügt hat, so 
trifft nach allgemeiner Regel die Beweislast den Verkäufer (s. oben S. 416 V).
	        
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