Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

500 Buch II. Abschnitt 2. Einzelne Arten der Forderungen. 
nun aber, da der Verkäufer ihn im Stich läßt, dem Dritten gegenüber in 
Verzug und muß diesem Schadensersatz leisten oder eine Vertragsstrafe zahlen: 
hier hat der Verkäufer ihm die als Schadensersatz oder als Strafe geleisteten 
Beträge zu erstatten. 
Beispiel. Derselbe Fall wie zu u; nur hat A. den Roggen am 1. April, lieferbar 
zum 15. Mai, für einen Tonnenpreis von 187 Mk. an C. weiter verkauft und ihm für 
jeden Tag, um den sich die Lieferung verzögern würde, eine Vertragsstrafe von 40 Mk. 
zugesagt; da B. den Roggen erst am 1. Juni an A. liefert, kann auch A. seine Lieferung 
an C. erst an diesem Tage bewirken, so daß er dem C. an Vertragsstrafe 40 X 15 — 600 Mk. 
zahlen muß; der Roggenpreis ist inzwischen ständig bis auf 190 gestiegen. Hier könnte A. 
von B. nach abstrakter Rechnung einen Schadensersatz nicht fordern; nach konkreter Rechnung 
beläuft sich aber der ihm zu erstattende Schaden auf 600 Mk. 
Bei Anwendung der Regel zu aa ist natürlich die Vorschrift vom BGB. 254 wohl zu 
beachten. Bei einer Strafe, die verhältnismäßig so gering ist wie in dem eben besprochenen 
Fall, ändert diese Vorschrift an der dort getroffenen Entscheidung nichts. Dagegen würde, 
wenn die von A. zu zahlende Strafe auf 1000 Mk. für jeden Tag der Verspätung festgesetzt 
wäre und A. demgemäß an C. 15000 Mk. zu zahlen hätte, ein Erstattungsanspruch des A. 
gegen B. in dieser Höhe höchstens dann begründet sein, wenn A. dem B. von der Straf- 
vereinbarung rechtzeitig Anzeige gemacht hätte. 
55) Der Käufer hat die Kaufsache, da er sie an dem bedungenen Liefe- 
rungstermin notwendig brauchte, durch einen sogenannten Deckungskauf 
von einem Dritten gekauft und später, als der Verkäufer sie seinerseits nach- 
lieferte, entweder die von dem Dritten oder die vom Verkäufer gelieferte 
Sache mit Verlust weiterverkauft: hier hat der Verkäufer diesen Verlust zu er- 
statten.1 
Beispiel. Derselbe Fall wie zu ga; nur hat A., um seinen Verpflichtungen gegen C. 
nachzukommen, am 15. Mai einen Deckungskauf abgeschlossen, nämlich von D. 100 Tonnen 
Roggen zu sofortiger Lieferung an C. gekauft; dagegen hat er den von B. am 1. Juni 
nachträglich gelieferten Roggen am 2. Juni an E. verkauft; den wechselnden Marktpreisen des 
Roggens entsprechend ist der Tonnenpreis bei dem Kauf von B. auf 186, bei dem Kauf von 
D. auf 192, bei dem Verkauf an C. auf 187, bei dem Verkauf an E. auf 190 festgesetzt; A. 
hat also dadurch, daß er zu dem Deckungskauf genötigt wurde, 192—190 = 2 Mk. für die 
Tonne, zusammen 200 Mk. verloren. Hier muß B. dem A. diese 200 Mk. erstatten. 
*0) Die Kaufsache hat in der Zwischenzeit zwischen dem Zeitpunkt, in 
dem der Verkäufer in Verzug geriet, und dem Zeitpunkt, in dem er die Sache 
nachlieferte, einen Wert (7) erreicht, der höher ist als der Wert in ersterem 
und in letzterem Zeitpunkt (m, n): hier hat der Verkäufer den Unterschied 
zwischen jenem Wert und dem Wert der Lieferungszeit (r—n) zu erstatten, 
falls der Käufer es wahrscheinlich machen kann, daß er die Sache bei recht- 
zeitiger Lieferung gerade zu einem jenem Wert entsprechenden Preise (r) ver- 
kauft haben würde (s. 252). 
Beispiel. Derselbe Fall wie zu a; nur ist der Marktpreis des Roggens seit dem 
1. Mai zunächst von 192 bis auf 194 Mk. gestiegen, seit dem 5. Mai aber bis auf 187,5 Mk. 
gefallen. Hier kann A., wie zu a gezeigt, die Erstattung von 192—187,5 = 4,5 Mk. für 
die Tonne ohne weiteres fordern; kann er aber glaubhaft machen, daß er bei rechtzeitiger 
11) Vgl. NG. 14 S. 112.
	        
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