sl 123. Lieferungsverzug des Verkäufers. Deckungskauf. Unmöglichkeit der Üübergabe. 503
Beispiele. I. Derselbe Fall wie zu ca; nur hat A. am 15. Juni den Roggen durch
glatten Deckungskauf zum Preise von 189 Mk., dem Marktpreise des 15. Juni, bei C. ein-
gekauft; die Kosten, die dem A. durch diesen Kauf üblicherweise erwachsen sind (Stempel,
Maklergebühr, Porto u. dgl.), betragen 20 Pfennig für die Tonne. Hier muß B. dem A.
den Unterschied von 189,20—186 = 3,20 Mk., zusammen 320 Mk. erstatten. II. Dagegen
müßte A. es besonders rechtfertigen, wenn er den Deckungskauf erst am 16. Juni zum
Marktpreise dieses Tages vorgenommen, falls der Preis des 16. höher ist als der des 15.
Die Rechtfertigung wird z. B. gelingen, wenn A. beweist, daß er am 15. nach 12 Uhr keine
Zeit mehr hatte, einen Deckungskauf abzuschließen oder wenn am 15. die allgemeine Ansicht
dahin ging, der Preis würde in den nächsten Tagen nicht weiter steigen. III. Ebenso be-
dürfte es der Rechtfertigung, wenn C., der ein Haus gekauft hat, sich dem säumigen Ver-
käufer D. gegenüber dadurch „deckt“, daß er sich von E. ein ähnliches aber teureres Haus
kauft und Erstattung der Preisdifferenz von D. fordert; denn Häuser haben keinen Markt-
preis. Die Rechtfertigung wird z. B. gelingen, wenn C. beweist, daß er ein Haus unbedingt
gebrauchte und ein andres geeignetes Haus als das des E. nicht zu haben war. IV. Der
Baumeister F. muß an den Bauherrn G. 3000 Mk. Schadensersatz zahlen, weil er den
von ihm übernommenen Bau nicht rechtzeitig vollendet hat: die Ursache seiner Säumnis ist,
daß das Baumaterial, das er von H. gekauft, von diesem auch innerhalb der ihm gesetzten
Nachfrist nicht rechtzeitig geliefert ist; F. weigert nunmehr die Annahme des von H. nach
Ablauf der Frist angebotenen Materials und verlangt, daß H. ihm als Schadensersatz wegen
Nichtlieferung die 3000 Mk. erstattet, die er dem G. hat zahlen müssen; H. beweist aber,
daß F. das Material sich im Wege des Deckungskaufs rechtzeitig hätte beschaffen können
und zwar zu dem nämlichen Preise, der in dem Kauf zwischen F. und H. verabredet worden
war. Hier ist F.8 Ersatzforderung unbegründet; denn hätte er sich rechtzeitig gedeckt, so
hätte er einen Schaden nicht erlitten.
IV. Ebenso wie im Fall des Übergabeverzuges kommen die für gegen-
seitige Verträge geltenden allgemeinen Regeln auch in dem Fall dauernder
Unmöglichkeit der Übergabe zur Anwendung, soweit nicht die besondern Vor-
schriften über den Gefahrübergang beim Kauf (oben S. 486 ff.) eine Abweichung
bedingen. Auf diese Regeln braucht hier nicht nochmals eingegangen zu
werden. Doch sei daran erinnert, daß, wenn die Unmöglichkeit erst nach Ab-
schluß des Kaufs eintritt, der Verkäufer von jeder Schadensersatzpflicht frei ist,
sobald er beweist, daß die Unmöglichkeit auf Umständen beruht, die er nicht
zu vertreten braucht.
Beispiel s. oben S. 489 a.
Fortsetzung. Besondre Parteivereinbarungen.
124.
I. Die Parteien vereinbaren häufig, daß die Übergabe der Kausfsache
seitens des Verkäufers an den Käufer durch einen Überweisungsakt andrer
Art ersetzt wird.
Beispiele. I. A. verkauft sein Haus, das er allein bewohnt, an B., mietet es aber
von ihm sofort zurück. Hier wird die Übergabe im Zweifel dadurch ersetzt, daß der Miet-
vertrag von den Parteien in Kraft gesetzt wird. II. C. verkauft sein Haus, das sich im
alleinigen Mietbesitz des D. befindet, an E. Hier wird, wenn der Mietvertrag des D. auch
nach dem Kauf in Kraft bleiben soll, die Übergabe im Zweifel dadurch ersetzt, daß C. dem
D. unter Zustimmung des E. mitteilt, er habe fortab den E. als Vermieter anzusehn.
III. F. verkauft die reifen Trauben seines Weinberges auf dem Stock an G. Hier wird die