5 124. Kauf. Ersatz der Übergabe der Kaufsache. Versendungskauf. 505
bar franko M.“: es wird hier von den begleitenden Nebenumständen abhängen, ob man
diese Abrede als gewöhnlichen oder als qualifizierten Versendungskauf zu deuten hat.
2. a) Beim gewöhnlichen Versendungskauf findet, wie bereits früher er-
wähnt, der Gefahrübergang nicht erst mit der Ubergabe, sondern schon mit der
Absendung der Kaufsache statt (s. oben S. 486): insbesondre gehn also
Zufälle, die die Kaufsache gerade während der Versendung treffen, auf des
Käufers Gefahr; ob die Versendung von einer Ortschaft in eine andre oder
innerhalb einer Ortschaft von Haus zu Haus geschieht, macht keinen Unter-
schied. 3 Die gesetzliche Formel für diese Regel ist: „die Gefahr geht auf den
Käufer über, sobald der Verkäufer die Sache dem Spediteur, dem Frachtführer
oder der sonst zur Ausführung der Versendung bestimmten Person oder An-
stalt ausgeliefert hat“ (447 —I).
Beispiel. A. in M. hat dem B. in N. 100 Flaschen Wein verkauft und sendet sie
ihm vertragsmäßig mit der Eisenbahn zu; auf dem Transport wird die Sendung durch
einen Eisenbahnunfall vernichtet; es ist den Umständen nach fraglich, ob die Bahn für den
Unfall gemäß Eisenbahnfrachtrecht haftbar ist. Hier darf B. die Bezahlung des Weins nicht
etwa so lange verschieben, bis der Streit über die Hafstpflicht der Bahn entschieden ist. Er
muß vielmehr den Wein sofort an A. bezahlen, geradeso wie wenn er ihn heil empfangen
hätte, und erst nachträglich zusehn, ob und wie er die an A. bezahlte Summe von der
Bahn zurückerhält.
Die zu a zitierte schwerfällige Formel des Gesetzes legt den Gedanken nahe, daß die
Regel zu a nur dann anwendbar sei, wenn der Verkäufer die Kaussache dem Käufer durch
einen selbständigen Transportunternehmer zusendet, nicht aber auch dann, wenn er sie dem
Käufer durch seine Angestellten schickt oder sie ihm persönlich bringt. Doch glaube ich kaum,
daß diese Auslegung des Gesetzes Beifall verdient.“ Damit soll aber natürlich nicht gesagt
sein, daß die Rechtslage des Verkäufers, wenn er die Sache durch einen Transportunter-
nehmer zu versenden hat, die gleiche ist, wie wenn er sie durch seine eignen Angestellten
transportieren lassen muß; denn in ersterem Fall steht der Verkäuser nur dafür ein, daß
er den Unternehmer sorgfältig aussucht und instruiert; in letzterem Fall haftet er dagegen
auch für ordentliche Ausführung des Transports.
Die Regel gilt nach dem Wortlaut des Gesetzes nur, wenn die Versendung „auf Ver-
langen des Käufers“ erfolgt; doch ist dies Verlangen, sobald der Verkäufer sich zur Ver-
sendung verpflichtet hat, ohne weiteres zu unterstellen, es sei denn, daß der Käufer die Ver-
sendung verboten oder sich nähere Anweisung vorbehalten hat.
Die Gefahr kehrt vom Käufer zum Verkäufer zurück, wenn die Versendung durch einen
Umstand, den er zu vertreten hat, ins Stocken kommt. Dasselbe ist anzunehmen, wenn die
Versendung durch Umstände unterbrochen wird, die der Verkäufer zwar an und für sich
nicht zu vertreten braucht, die aber doch in seiner Person oder seiner besondern Interessen-
sphäre beruhn: Beispiel: die Kaufsache wird unterwegs auf Grund einer einstweiligen ge-
richtlichen Verfügung angehalten, die ein Gläubiger des Verkäufers zu Unrecht erwirkt hat.
Denn wie käme der Käufer dazu, unter einem solchen Zufall zu leiden ? 5
b) Dagegen steht der gqualifizierte Versendungskauf, was den Gefahr-
übergang betrifft, unter der allgemeinen auch für den Abholungskauf geltenden
Norm: die Gefahr geht regelmäßig erst mit der Übergabe auf den Käufer
über, d. h. dann, wenn der Käufer die Sache am Bestimmungsort in Empfang
nimmt.
3) Ortmann Anm. 4 zu § 447.
4) Endemann 1 8§ 159a“1: Enneccerus 1 § 326 11.
5) Abw. Endemann 1 § 159a ¼1, Planck-Greiff Anm. 2 zu § 447.