Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

506 Buch II. Abschnitt 2. Einzelne Arten der Forderungen. 
3. Die Kosten der Versendung, einschließlich der Verpackungskosten, 
fallen in Ermanglung einer abweichenden Vereinbarung beim gewöhnlichen 
Versendungskauf dem Käufer, beim gualifizierten Versendungskauf dem Ver- 
käufer zur Last (s. 448). 
4. Sowohl beim gewöhnlichen wie beim gualifizierten Versendungskauf 
ist der Verkäufer verpflichtet, die Versendung mit aller Sorgfalt auszuführen, 
also die Sache, wenn es erforderlich ist, ordnungsmäßig zu verpacken, den 
Frachtführer gehörig auszusuchen usw. Dabei muß er auch die besondern 
Anweisungen, die der Käufer ihm über die Art der Versendung erteilt hat, 
genau beachten, es sei denn, daß dringende Gründe eine Abweichung von den 
Anweisungen gebieten. Verletzt der Verkäufer diese Verpflichtungen, so muß 
er allen aus seiner Sorglosigkeit oder Eigenmächtigkeit erwachsenden Schaden 
dem Käufer ersetzen (447 11). 
Natürlich ist die Meinung des Gesetzes nicht, daß der Verkäufer sämtliche Anweisungen. 
des Käufers bezüglich der Versendung der Sache positiv befolgen müßte: vielmehr kann er 
Anweisungen, die vertragswidrig sind oder ihn ungewöhnlich belasten (z. B. daß er den ver- 
kauften Kronleuchter auf dem Transport persönlich begleiten solle), den Gehorsam weigern: 
nur muß er alsdann, wenn nicht dringliche Gründe seine Eigenmächtigkeit rechtfertigen, die 
Versendung ganz unterlassen. 
Die Pflicht zur sorgfältigen Versendung ist auch beim gqualifizierten Versendungskauf 
wichtig. Allerdings trifft hier den Verkäufer ohnehin die Versendungsgefahr. Dieser Satz 
bedeutet indes, wie wir wissen, nur, daß bei einem der Sache während der Versendung zu- 
stoßenden Unfall der Verkäufer den Anspruch auf den Kaufpreis verliert. Wenn er aber 
einen derartigen Unsall durch seine Sorglosigkeit selber verursacht, verliert er nicht bloß den 
Kaufpreis, sondern ist außerdem schadensersatzpflichtig. 
Der Verkäufer haftet für die Erfüllung seiner Versendungspflicht nicht als Spediteur 
oder Frachtführer, sondern lediglich als Verkäufer, erfreut sich also z. B. nicht der kurzen 
Verjährung aus HG. 414. 
5. Macht der Käufer wegen Lieferungsverzuges des Verkäufers Schadensersatzansprüche 
geltend, so ist der maßgebende Ort für die Interesseliquidation der Bestimmungs-, nicht der 
Absendungsort.“ 
6. Von dem eigentlichen Versendungskauf, bei dem der Verkäufer zur Zusendung der 
Kaufsache an den Käuser verpflichtet ist, haben wir den Kauf, bei dem der Verkäufer die 
Kaufsache dem Käufer tatsächlich aus freien Stücken zusendet, zu unterscheiden. Immerhin 
wird dieser freiwillige Versendungskauf in einigen Beziehungen dem Pflicht-Versendungskauf 
gleichgestellt. 
a) Dies gilt zunächst für den Übergang der Gefahr der Kaufsache: wenigstens dann, 
wenn der Verkäufer die Sache auf Verlangen des Käufers versendet, geht die Gefahr schon 
mit der Absendung auf den Käufer über (447 1). Anders dagegen, wenn der Verkäufer die 
Sache aus eignem Antriebe abgeschickt hat, sei es nun mit Ermächtigung des Käufers, sei 
es eigenmächtig: hier geht die Gefahr erst über, wenn der Käufer die Sache empfängt. 
b) Ebenso sind die Regeln 3 und 4 auf den freiwilligen Versendungskauf anwendbar 
(447 II, 448). 
III. Die Parteien vereinbaren mitunter, daß die Rechte des Käufers 
gegenüber dem in Lieferungsverzug geratenen Verkäufer verstärkt oder abge- 
schwächt werden. Hierher gehört namentlich der Fall des Fixgeschäfts (oben 
S. 425 V); bei diesem kann der Käufer die nachträgliche Lieferung der Kauf- 
6) RH. 21 Nr. 80: RG. 6 S. 27.
	        
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