Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

8 127. Gewähr für Beschaffenheit der Kaufsache. Schadensersatz. Arglist. 527 
d. h. er kann vom Verkäufer verlangen, daß dieser statt in die Wandlung des 
Kaufs, die Ersatzlieferung oder die Preisminderung zu willigen, ihm für 
Nichtlieferung der Kaufsache vollen?“ Schadensersatz in Geld gewähre. Von 
den zu 1 genannten für das Wandlungsrecht geltenden Regeln ist auf dies 
Schadensersatzrecht keine einzige anwendbar. Das Recht unterliegt vielmehr 
lediglich den für Schadensersatzansprüche im allgemeinen maßgebenden Normen. 
Beispiel. A. hat dem B. ein Haus für 80 000 Mk. verkauft und ihm dabei arglistig 
verschwiegen, daß es mit Schwamm behaftet sei; B. verkauft das Haus gutgläubig an C. 
für 120000 Mk. weiter; nun wird der Schwamm entdeckt, und C. wandelt den Kauf. Hier 
kann B. von A. Erstattung des ihm mit 40000 Mk. entgangenen Gewinns fordern und 
kann, wenn er dem A. aus einem fälligen Darlehn 30000 Mk. schuldet, jenen Anspruch sofort 
gegen seine Schuld aufrechnen, auch wenn A. in die Leistung des Schadensersatzes weder 
eingewilligt hat noch rechtskräftig dazu verurteilt ist (s. dazu das Beispiel oben S. 520). 
IV. Die vier Rechtsbehelfe, die das Gesetz dem Käufer für den Fall zur 
Verfügung stellt, daß die Kaufsache sich als mangelhaft erweist, schließen sich 
gegenseitig aus. 26 Nur für das Preisminderungsrecht gilt eine Ausnahme: 
hat der Käufer wegen eines Mangels der Kaufsache eine Preisminderung 
erreicht, so kann er zwar nicht wegen desselben, aber doch wegen eines andern 
Mangels der Sache nachträglich auch die Wandlung, eine Ersatzlieferung oder 
Schadensersatz wegen Nichterfüllung fordern (s. 475, 480 1). 
Beispiel. A. hat dem B. Wein verkauft und geliefert; da der Wein trübe ist, verlangt 
B. brieflich Lieferung andern Weines, schickt aber dem Brief ein Telegramm nach, in dem 
er statt der Ersatzlieferung eine Preisminderung fordert. Hier ist letztere Forderung begründet, 
wenn das Telegramm bei A. anlangt, ehe der Brief ihm zugegangen war (s. 130 1) oder 
wenn A. es unterlassen hatte, unverzüglich seine Einwilligung in die Ersatzlieferung zu er- 
klären (s. 147 II; s. oben S. 421 Abs. 4). Andernfalls ist sein Anspruch unbegründet; denn 
ist einmal der Ersatzlieferungsvertrag abgeschlossen, so ist damit der Preisminderungsanspruch 
beseitigt. 
Dadurch, daß der Käufer seine vier verschiedenen Rechte nicht zusammen ausüben kann, 
folgt aber nicht, daß er sie nicht alternativ in der nämlichen Klage geltend machen dürfte 
Es ist also zulässig, daß er darauf klagt, der Verkäufer möge entweder wandeln oder den 
Preis mindern, und erst, wenn eine Beweisaufnahme erfolgt ist, sich endgültig für einen 
der Anträge entscheidet.7 
V. Wie sich aus den Regeln zu 1 und III ergibt, ist gesetzlich besonders 
ausgezeichnet der Fall, daß der Verkäufer einen Mangel der Kaufsache arg- 
listig verschwiegen hat: denn er muß alsdann den Mangel vertreten, 
auch wenn der Käufer ihn ohne Mühe hätte erkennen können; er kann sich 
ferner gegenüber den Ansprüchen des Käufers nicht auf die kurze sechs= oder 
zwölfmonatige Verjährung berufen; er muß endlich dem Käufer vollen Schadens- 
ersatz leisten (460 Satz 2, 477 I, 478 II, 463 Satz 2, 480 II). Deshalb 
ist das Wesen dieses arglistigen Verschweigens hier noch näher zu bestimmen. 
1. Um das Verschweigen eines Mangels der Kaufsache seitens des Ver- 
24) RG. 52 S. 353, 53 S. 91. 
25) Siehe oben § 91. 
26) Vgl. R. 52 S. 19. 
27) Abw. Ortmann Anm. 1d zu § 465.
	        
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