5 128. Kauf. Besondre Vereinbarungen üb. die Gewähr f. Eigenschaften der Kaufsache. 531
2. Ebenso sind die Regeln dieses Paragraphen unanwendbar, wenn der
Verkäufer die Kaufsache zwar in der ordnungsmäßigen Beschaffenheit, aber
nicht in der richtigen Menge oder nicht in der vereinbarten Lieferungsart ge-
liefert hat.
Beispiel. A. hat dem B. 1000 Meter eines Treppenläuferstoffs, der ordnungsmäßig
eine Breite von 0,7 Meter haben soll, lieferbar franko in das Hauptgeschäft des B. in M.
verkauft; er hat aber tatsächlich durch ein Versehn nur 950 Meter in einer Breite von
0,6 Meter unfrankiert in das Zweiggeschäft des B. in N. geliefert; erst nach acht Monaten
erhebt B. wegen dieser vierfachen Vertragsverletzung Ansprüche gegen A. Hier sind gemäß
den Regeln dieses Paragraphen die Ansprüche B.# wegen der zu geringen Breite des Stoffs
verjährt; denn es handelt sich hier um einen Mangel in der Beschaffenheit des Stoffs. Da-
gegen sind die Ansprüche B.s wegen der übrigen Verstöße A.s, weil sie nichts mit der Be-
schaffenheit des Stoffs zu tun haben, unverjährt.
3. Schließlich sind die Regeln dieses Paragraphen nach einer vom Reichs-
gericht zutreffend aufgestellten, aber sehr umstrittenen Theorie 3“6 unanwendbar,
solange die Kaufsache dem Käufer noch nicht abgeliefert oder, wenn es sich
um ein Grundstück handelt, noch nicht übergeben ist. Für diese Zeit gelten
vielmehr folgende Regeln:
a) Der Verkäufer muß die Sache in derjenigen Beschaffenheit liefern, die
der Käufer beim Kaufabschluß nach der Verkehrssitte erwarten durfte
(242, 243).
b) Ist der Verkäufer hierzu außerstande, so ist die ihm obliegende Leistung
unmöglich, und er ist je nach Lage des Falls haftfrei oder zu Schadensersatz
verpflichtet (306, 323 ff.).
Beispiel. Nachdem A. sein Haus an B. verkauft, aber bevor er es ihm übergeben
hat, wird darin ein bisher nicht erkennbarer Schwamm entdeckt. Hier kann B. nicht auf
der Übergabe des Hauses unter Preisminderung bestehn, sondern der ganze Kauf ist un-
gültig, es sei denn, daß B. auf alle Rechte wegen des Schwamms verzichtet.
Die Richtigkeit der Theorie zu 3 ergibt sich daraus, daß man ohne sie namentlich
beim Viehkauf (s. unten S. 537 V) zu widersinnigen Ergebnissen kommt. Doch ist zuzugeben,
daß der Gesetzgeber das Seinige dazu getan hat, um das richtige Verständnis seiner Regeln
zu erschweren; denn der Wortlaut der maßgebenden Gesetzesparagraphen weist auf unfre
Theorie kaum andeutungsweise hin. Hierdurch sowie durch manche andre gerade in diesem
Paragraphen nachgewiesenen Eigentümlichkeiten des BGB. wird man, ob man will oder
nicht, zu der Vermutung gedrängt, daß die Begabung der Verfasser des BGB. auf einem
andern Gebiet als dem der Gesetzgebung gelegen haben muß.
Fortsetzung. Besondre Vereinbarungen der Parteien.
8 128.
I. Die Pflicht des Verkäufers zur Gewährschaft für Mängel der Kauf-
sache wird häufig vertragsmäßig verschärft.
1. Eine Verschärfung der Gewährschaftspflicht liegt namentlich vor, wenn
36) RG. 53 S. 73; Düringer-Hachenburg, Komment. z. HGB. 3 S. 82; abw. Ort-
mann Anm. 3 zu § 459; Crome 2 S. 4592.
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