Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

§ 128. Kauf. Besondre Vereinbarungen üb. die Gewähr f. Eigenschaften der Kaufsache. 533 
letzterem Fall größer als in ersterem; aber sie mangelt, wie alsbald zu zeigen, 
auch im ersteren Fall mitnichten. 
Beispiel. I. Wenn A. dem B. eine silberne Taschenuhr für 100 Mk. verkauft, ist es 
wichtig, wenn er ihm zusichert, die Uhr brauche nur alle 60 Stunden aufgezogen werden; 
denn ohne diese Zusage würde es genügen, wenn die Uhr bloß alle 30 Stunden aufgezogen 
werden müßte. II. In dem eben genannten Fall ist es wichtig, wenn A. dem B. zusichert, 
die Uhr würde mindestens ein Jahr lang brauchbar sein. Freilich versteht sich eine solche 
Brauchbarkeit auch ohne Zusage von selbst: die Haftung des Verkäufers wird aber durch 
die Zusage erhöht. 
d) Die Zusicherung ist rechtswirksam nur, wenn sie erkennbar in rechts- 
verbindlicher Absicht abgegeben ist. Das ist an und für sich selbstverständlich, 
muß aber um deswillen besonders hervorgehoben werden, weil erfahrungs- 
mäßig die rechtsverbindliche Absicht gerade bei derartigen Zusicherungen über- 
aus häufig fehlt. 
Beispiel. Wenn A. dem B. ein neues Brettspiel verkauft und ihm dabei „zusichert“, 
daß es höchst interessant sei, so hat das keinen Wert: B. muß das Spiel auch dann be- 
halten, wenn es äußerst langweilig ist. 
e) Die Haftung des Verkäufers beim Mangel einer zugesicherten Eigen- 
schaft der Kaufsache ist im ganzen dieselbe wie seine Haftung bei sonstigen 
Mängeln; besonders hervorgehoben sei, daß die Haftung fortfällt, wenn der 
Käufer die Sache in Kenntnis der Unrichtigkeit der Zusicherung gekauft oder 
vorbehaltlos angenommen hat (460, 464), daß die Ansprüche aus der Haftung 
regelmäßig in sechs oder zwölf Monaten verjähren (477), daß der Käufer die 
Beseitigung des Mangels durch Ausbesserung der Kaufsache nicht verlangen 
kann? usw. Besonderheiten sind die folgenden. 
a) Die Haftung des Verkäufers beim Mangel einer zugesicherten Eigen- 
schaft gilt auch dann, wenn der Käufer beim Kaufabschluß die Unrichtigkeit 
der Zusicherung bei Anwendung nur ganz geringer Aufmerksamkeit hätte er- 
kennen können (400 Satz 2). Der Käufer braucht also nicht zu prüfen, ob 
die Kaufsache die zugesicherten Eigenschaften in Wahrheit besitzt, sondern kann 
sich auf die Zusicherung unbesehn verlassen. 
Beispiele. I. A. hat von B. einen fertigen Überzieher nach vorheriger Anprobe ge- 
kauft; nach der Lieferung stellt sich heraus, daß der Uberzieher viel zu eng ist; nur weil A. 
grenzenlos unpraktisch ist, hat er das bei der Anprobe nicht bemerkt. Hier kann A. den 
Kauf wandeln, wenn B. guten Sitz des Uberziehers zugesagt hat. Andernfalls muß A. den 
Uberzieher behalten. II. Derselbe Fall; nur hat A. den schlechten Sitz des Ulberziehers 
schon bei der Anprobe bemerkt, aber aus Schüchternheit nichts davon gesagt. Hier kann er 
nicht wandeln, auch wenn der gute Sitz ihm zugesichert war. 
6) Der Verkäufer ist beim Mangel einer zugesicherten Eigenschaft auch 
dann haftbar, wenn der Mangel den Wert oder die Tauglichkeit der Kaufsache 
nur unerheblich oder gar nicht mindert (s. 459 II im Gegensatz zu 459 1). 
Beispiel. A. hat bei B. Lieder von Strauß nur mit deutschem Text bestellt, und B. 
hat ihm auch „zugesichert“, daß die Ausgabe, die er liefern werde, nur deutschen Text ent- 
halte: in Wirklichkeit enthält sie auch den englischen Text. Hier kann A. wandeln. 
2) Abw. Endemann 1 S. 988 16.
	        
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