Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

564 Buch II. Abschnitt 2. Einzelne Arten der Forderungen. 
sonstigen Verschiedenheiten zwischen Pacht und Miete nicht. Doch beschränkt 
das Gesetz diese Verschiedenheiten meistens auf die Pacht landwirtschaftlicher 
Grundstücke. 
I. Der Pächter eines landwirtschaftlichen Grundstücks hat den Pachtzins, 
wenn dieser nach Jahren bemessen ist, nicht in vierteljährlichen Raten, wie einen 
Mietzins, sondern jährlich nur einmal zu entrichten, nämlich am ersten Werk- 
tage nach Ablauf des Pachtjahrs (584). Hervorzuheben ist dabei, daß Pacht- 
jahr und Kalenderjahr nicht zusammenzufallen brauchen, das Pachtjahr viel- 
mehr je nach Abrede beginnen kann. 
II. Der Pächter eines landwirtschaftlichen Grundstücks muß dem Grund- 
stück eine weit größere Fürsorge zuwenden als der Mieter der Mietsache; 
demgemäß wird umgekehrt die Fürsorgepflicht des Verpächters im Vergleich 
zu der des Vermieters wesentlich herabgesetzt. Die Instandhaltung des Pacht- 
grundstücks samt der des Pachtzubehörs fällt nämlich grundsätzlich dem Pächter 
zur Last. Sache des Pächters ist es also, nicht bloß, wie ein Mieter, solche 
Vorsichtsmaßregeln zu treffen, die eine übermäßige Abnutzung des Grundstücks 
verhindern, sondern er muß einer Abnutzung überhaupt vorbeugen; nur außer- 
gewöhnliche Schäden, wie sie etwa infolge einer Überschwemmung oder eines 
Orkans eintreten, braucht er nicht zu beseitigen, kann hier vielmehr vom Ver- 
pächter Abhilfe fordern (582, 591). 
Beispiel. Der Pächter eines Landguts muß auf seine Kosten die Scheunendächer recht- 
zeitig erneuern, Wege und Gräben ausbessern usw. 
III. Der Pächter eines landwirtschaftlichen Grundstücks ist an die von 
dem Verpächter oder früheren Pächter bisher geübte Betriebsart nicht gebunden, 
sondern zu Kulturänderungen wohl befugt; nur sind ihm ohne Erlaubnis des 
Verpächters Anderungen der wirtschaftlichen Bestimmung des Grundstücks ver- 
boten, sofern sie auf die Art der Bewirtschaftung über die Pachtzeit hinaus 
von Einfluß sind (583). 
Beispiel. Der Pächter darf statt des reinen Getreide= und Kartoffelbaus den Rüben- 
bau oder statt des zwei= einen dreimaligen Grasschnitt einführen. Dagegen darf er ein ein- 
zeln gepachtetes Feld nicht als Lehmgrube benutzen; und wenn er eine magere Wiese in 
Ackerland umwandelt, muß er sie rechtzeitig vor Ablauf der Pacht in eine Wiese zurückver- 
wandeln. Dauernde. Anlagen, die sich auf dem Grundstück befinden (Gebäude, Gräben, 
Drainanlagen usw.), darf er überhaupt nicht erheblich abändern. 
IV. Durch die Berechtigung des Pächters, die Früchte des Pachtgegenstandes 
zu behalten, sowie durch die besondern zu II, III behandelten Regeln wird die 
Art, in der der Pächter den Pachtgegenstand zurückzugewähren hat, wesentlich 
beeinflußt. Insbesondre gestaltet sich bei der Pacht landwirtschaftlicher Grund- 
stücke die Rückgabepflicht wie folgt. 
1. Der Pächter hat das Pachtgrundstück nicht so zurückzugeben, wie er es 
vom Verpächter bekommen hat, sondern in der Beschaffenheit, die das Grund- 
stück bei einer während der ganzen Pachtzeit fortgesetzten ordentlichen Bewirt- 
schaftung haben müßte (591). Er muß deshalb das Grundstück auch in den
	        
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