Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

8 136. Landwirischaftliche Pacht. 565 
letzten Pachtjahren mit aller Sorgfalt bestellen, obschon der Nutzen der Be- 
stellung ganz oder teilweise nicht ihm, sondern seinem Nachfolger zufällt. 
Der Pächter muß demgemäß u. U. das Grundstück besser zurückgeben, als er es be- 
kommen hat, ohne daß ihm der Mehrwert vergütet wird, z. B. wenn das Grundstück von 
einem frühern Pächter verwahrlost war: denn das gehört zu einer guten Wirtschaft. Er darf 
es aber u. U. auch schlechter zurückgeben, z. B. wenn es von einem frühern Pächter mit über- 
triebener, unrentabler Sorgfalt gepflegt worden war. 
2. Früchte, die nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft als 
Ertrag des Grundstücks anzusehn sind (s. oben S. 139 II), kann der Pächter 
insoweit behalten, als sie vor Beendigung des Pachtverhältnisses „getrennt" 
wurden. Doch gilt bei der Pacht eines Landguts eine Ausnahme wegen des 
Düngers: er ist, soweit er auf dem Gut gewonnen ist, vom Pächter ohne 
Wertersatz zurückzulassen (593 III). Und auch von sonstigen auf dem Gut vor- 
handenen landwirtschaftlichen Erzeugnissen muß der Pächter eines Landguts 
so viel zurücklassen, als zur Fortführung der Wirtschaft bis zu der Zeit erfor- 
derlich ist, zu der gleiche oder ähnliche Erzeugnisse voraussichtlich gewonnen 
werden (Saatkorn, Grünfutter, Stroh usw.); so auch dann, wenn er bei An- 
tritt der Pacht gleichartige Erzeugnisse gar nicht oder in schlechterer Beschaffen- 
heit oder in geringerer Menge übernommen hat; doch muß ihm alsdann der 
Verpächter Vergütung leisten (593 I, I.). 
3. Die noch nicht getrennten Früchte bleiben auf dem Grundstück zurück. 
Eine Vergütung dafür erhält der Pächter vom Verpächter nicht. In dem letzten 
Pachtjahr geht ihm also der Wert der Ernte, für die er die Mühen und 
Kosten der Bestellung gehabt hat, wenigstens teilweise verloren; eine Art Ent- 
schädigung liegt darin, daß er im ersten Pachtjahr eine Ernte gewonnen hat, 
für deren Bestellung nicht er, sondern sein Vorgänger Mühe und Kosten auf- 
zuwenden hatte. Nur dann gilt eine Ausnahme, wenn die Pacht mitten im 
Lauf eines Pachtjahrs erlischt; alsdann hat nämlich der Verpächter die Kosten, 
die der Pächter auf die noch nicht getrennten, aber nach den Regeln ordent- 
licher Wirtschaft vor dem Ende des Pachtjahrs zu trennenden Früchte ver- 
wendet hat, insoweit zu ersetzen, als sie einer ordnungsmäßigen Wirtschaft ent- 
sprechen und den Wert dieser Früchte nicht übersteigen (592). 
4. Gibt der Pächter den Pachtgegenstand nach der Beendigung der Pacht nicht recht- 
zeitig zurück, so muß er (wie im gleichen Fall der Mieter) dem Verpächter für die Dauer 
der Vorenthaltung als tarifmäßige Mindestentschädigung einen Teil des jährlichen Pachtzinses 
entrichten; dieser Teil wird aber nicht, wie bei der Miete, lediglich nach der Länge der Zeit 
berechnet, während deren der Verpächter den Pachtgegenstand rechtswidrig entbehrte, sondern 
nach dem Verhältnis, in dem die Nutzungen, die der Pächter während dieser Zeit gezogen 
hat oder hätte ziehn können, zu den Nutzungen des ganzen Pachtjahrs stehn (597); bei der 
Pacht eines landwirtschaftlichen Grundstücks wird dem Pächter also die Nichtrückgabe im 
August teurer zu stehn kommen als im Januar. Macht der Verpächter von diesem Recht 
Gebrauch, so verbleiben die Nutzungen jener Zeit dem Pächter. 
V. Sehr oft liefert der Verpächter das verpachtete Grundstück ohne In- 
ventar, indem er es dem Pächter überläßt, sich ein Inventar selber anzuschaffen,
	        
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