Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

8 137. Beendigung der Pacht. 8 138. Trödelvertrag. 571 
IV. Der Trödelvertrag. 
138. 
I. Der Trödelvertrag (contractus aestimatorius) steht der Miete 
nahe: die eine Partei, der Geber, überläßt der Gegenpartei eine Sache 
nicht zum Gebrauch, sondern zum Feilhalten während einer gewissen Frist; 
die Gegenpartei aber, der Trödler, verspricht, die Sache nach Ablauf 
der Frist zurückzugeben oder einen festbestimmten Taxpreis für die Sache zu 
zahlen. 
Beispiel. A. will seinen alten Pelz loswerden, übergibt ihn deshalb dem Kürschner 
B. und vereinbart mit ihm, daß dieser ihn bis zum Jahresschluß für mindestens 100 Mk 
verkaufen, den über 100 Mk. erzielten Mehrerlös aber behalten dürfe. 
II. Das bürgerliche Gesetzbuch hat den Trödelvertrag nicht besonders ge- 
regelt. Es sind deshalb allein die allgemeinen Rechtsregeln und der mutmaß- 
liche Wille der Parteien entscheidend. 
1. Der Trödelvertrag ist ein gegenseitiger entgeltlicher Vertrag; denn das 
Feilhalten der Sache geschieht im gemeinsamen Interesse beider Parteien: geht 
doch die Absicht der Parteien dahin, daß der Trödler die Sache teurer als 
zum Taxpreis verkaufen möge, welches Falls der Taxpreis an den Geber, der 
Ülberschuß an den Trödler fällt. 
2. Der Trödler darf die Sache entgeltlich veräußern, vor allem ver- 
kaufen; doch ist er dazu nur „ermächtigt“, nicht „beauftragt", braucht sich also 
um den Verkauf der Sache nicht besonders zu bemühn. Sonstige Verfügungen 
über die Sache (Verschenken, Vermieten u. dgl.) sind dem Trödler nicht ge- 
stattet; auch darf er die Sache nicht gebrauchen oder verbrauchen. 
3. Der Geber behält zunächst die ihm bisher zustehenden dinglichen Rechte 
an der Sache und hat im Konkurse des Trödlers ein Aussonderungsrecht. 
Erst wenn der Trödler die Sache einem Käufer übereignet oder den Taxpreis 
bezahlt, büßt der Geber seine dingliche Rechtsstellung ein. Zugleich haftet er 
dem Trödler fortab für die Sache wie ein Verkäufer. 
4. Die Gefahr der Sache ruht zunächst beim Geber und geht erst mit 
dem Zeitpunkt, in dem der Geber seine dinglichen Rechte verliert, auf den 
Trödler über. 
III. Der wichtigste Anwendungsfall des Trödelgeschäfts ist das Kon- 
ditionsgeschäft der Buchhändler. Seine Darstellung gehört dem Handels- 
recht an.
	        
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