Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

§ 142. Darlehnsvertrag. 589 
gerade die individuellen, ihnen vormals überlassenen Stücke zurückgeben müssen, 
darf der Darlehnsschuldner andre Stücke zurückgewähren, wenn sie nur den 
dargeliehenen gleichartig und gleichwertig sind. 
2. Das Darlehn kann entweder entgeltlich oder unentgeltlich gegeben 
werden. Da das vom Schuldner zu gewährende Entgelt meistens in einer 
Verzinsung des Darlehnskapitals besteht und umgekehrt die vom Schuldner 
übernommene Verzinsung meistens als zureichendes Entgelt für die Gewährung 
des Darlehns anzusehn ist, so können wir — wenigstens für die übergroße 
Mehrzahl der Fälle — die Worte entgeltlich und unentgeltlich auch durch die 
Worte verzinslich und unverzinslich ersetzen. 
Das unentgeltliche Darlehn kann u. U. sogar eine echte Schenkung sein (natürlich nicht 
des Kapitals, sondern des zeitweiligen Kapitalgenusses). Alsdann kann es wegen Undanks 
des Schuldners ohne Kündigung widerrufen werden; die Zusage eines solchen Darlehns 
bedarf gerichtlicher oder notarieller Form usw. 
II. Gegenstand des Darlehns (Darlehnsvalutay) sind nur vertretbare 
Sachen, vor allem Geld, aber auch Wertpapiere, Getreide usw. 
III. Für den Abschluß des Darlehnsgeschäfts gilt eine Besonderheit: das 
Darlehnsgeschäft kommt nicht bloß möglicherweise, wie die Leihe und sonstige 
Verträge, sondern regelmäßig als „Realvertrag“", nämlich erst durch die tat- 
sächliche Üübertragung der Darlehnssachen seitens des Darlehnsgebers auf den 
Darlehnsempfänger zustande. Allerdings ist auch eine Vereinbarung gültig, 
wonach jemand einem andern die Gewährung eines Darlehns erst für die Zu- 
kunft verspricht. Nach der Verkehrsanschauung ist aber eine solche Vereinbarung 
nicht als fertiger Darlehnsvertrag, sondern als bloßer Vorvertrag über einen 
künftig abzuschließenden Darlehnsvertrag anzusehn. 
Praktisch wichtig zeigt sich die Auffassung des Darlehns als eines Realvertrages etwa 
in folgender Regel: nach BGB. 652 hat ein Mäkler Anspruch auf Belohnung erst dann, 
wenn das ihm zur Vermittlung aufgetragene Geschäft „zustande kommt“; der Darlehns- 
mäkler wird nun eine Belohnung nicht schon fordern können, wenn er eine Vereinbarung 
über ein künftig zu gebendes Darlehn, sondern erst dann, wenn er die tatsächliche Hingabe 
eines Darlehns erzielt hat. 
Daß das Be#. unfre Auffassung teilt, ergibt sich, wenn man die verschiedene Formu- 
lierung von BGB. 535, 598, 607 vergleicht. 
Ubrigens behaupte ich nicht, daß der Darlehnsvertrag immer, sondern nur, daß er 
regelmäßig Realvertrag sei. Die entgegenstehende, z. B. von Endemann § 184 vertretene 
Ansicht schießt über das Ziel hinaus. 
Die Hingabe der Darlehnssachen, die den Abschluß des Darlehnsgeschäfts darstellt, 
erfolgt nicht selten mittelbar, z. B. so, daß der Darleiher, der ein Gelddarlehn von 1000 Mk. 
geben will, dem Schuldner nicht bares Geld, sondern ein Börsenpapier im Wert von 
1000 Mk. oder eine auf einen Bankier lautende Anweisung in dieser Höhe gibt. In solchen 
Fällen ist eigentlicher Gegenstand des Darlehns weder das Börsenpapier noch die Anweisung, 
sondern lediglich die Geldsumme. 
IV. 1. Das Darlehn begründet ein zweiseitiges Schuldverhältnis, sowohl 
zu Lasten des Darleihers wie zu Lasten des Darlehnsschuldners. Das entgelt- 
liche Darlehn ist sogar ein echter gegenseitiger Vertrag.? 
2) Abw. Düringer-Hachenburg, Komment. z. HGB. 2 S. 91: Crome 2 § 247 1.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.