§ 142. Darlehnsvorvertrag. § 143. Dienstvertrag. 593
zusage in den jetzigen schlechten Verhältnissen, so hat der Darleiher kein Rück-
trittsrecht, mag er auch den Schuldner damals für durchaus „sicher“ gehalten
haben.
VIII. Der Dienstvertrag.
1. #er gewöhnliche Bienstvertrag.
a) Begriff. Abschluß des Vertrages.
§ 143.
I. 1. Beim Dienstvertrage (locatio conductio operarum) verpflichtet
sich die eine Partei, der Dienstschuldner, zur Leistung von Diensten, während
die andre Partei, der Dienstberechtigte oder Dienstempfänger, die Leistung einer
Vergütung verspricht (611).
Der Dienstvertrag hebt sich von allen andern bisher besprochenen Verträgen auf das
schärfste ab. Faßt man freilich die einzelnen Dienste oder die gesamte Arbeitskraft des
Menschen als „Güter“ auf, so kann man den Dienstvertrag auch als eine Art des Kaufs
oder Tausches oder als ein Seitenstück zur Miete oder Pacht ansehn: der Dienstempfänger
kauft fremde Dienste oder tauscht sie gegen eine Vergütung ein; er mietet oder pachtet eine
fremde Arbeitskraft. Indes ist hiermit rechtlich nichts gewonnen. Denn die Dienste und
die Arbeitskraft des Menschen sind „Güter“ eigenster, zartester Art und heischen von selbst
eine durchaus andre Behandlung, als sie den sonstigen verkauf= und vertauschbaren, vermiet-
und verpachtbaren Gütern zuteil wird. Das bürgerliche Gesetzbuch vermeidet es deshalb
mit Recht, den Dienstvertrag mit dem Kauf oder mit der Miete zusammenzustellen. Damit
soll aber nicht geleugnet werden, daß der Dienstvertrag in einigen Beziehungen zwar nicht
dem Kaufe, aber doch der Miete analog geregelt ist, namentlich was die Behandlung der,
Dienst= und Mietzeit betrifft (s. 614, 620).
Über den Unterschied zwischen Dienstvertrag, Werkvertrag und Auftrag siehe unten
88 147 I1, 2, 150 I.
2. a) Der Dienstvertrag kann eine rechtliche ÜUberordnung des Dienst-
empfängers über den Dienstschuldner mit sich bringen, so daß jener zur Herr-
schaft, zum Dienstherrn, dieser zum Diener, zum Angestellten wird; derartige
Verträge seien als Anstellungsverträge bezeichnet (622). Ebensogut kann
der Dienstvertrag aber auch den Dienstberechtigten und den Dienstschuldner recht-
lich auf die gleiche Stufe stellen, so daß dieser von jenem nicht abhängiger ist
als sonstige Schuldner von ihren Gläubigern; derartige Verträge seien freie
Dienstverträge genannt.
Beispiele. Anstellungsverträge sind die Dienstverträge des Gesindes, der Leibärzte,
der Handlungsgehülfen. Freie Dienstverträge sind die Dienstverträge der selbständigen
Waschfrauen, der Hausärzte, der Handlungsagenten.
1) Hachenburg, Dienstvertrag u. Werkvertrag (98); Isay, Geschäftsführung (00);
Lotmar, Arbeitsvertrag (02, 08); G. Rümelin, Dienstvertrag u. Werkvertrag (05); Opet, Arch.
f. ziv. Pr. 86 S. 155; ders., Theaterrecht (97) S. 159; Marwitz, Bühnenengagementsver-
trag (02); Schall, Jahrb. f. Dogm. 52 S. 1; Köhne, Arch. f. BR. 29 S. 46; Rabel, Haft-
pflicht des Arztes (04).
Cosack, Bürgerl. Recht. 5. Aufl. I. 38