§5 143. Dienstvertrag. Geschäftsbesorgung. 595
Gegen meine Begriffsbestimmung spricht, daß ihr zufolge die Geschäftsbesorgungsver-
träge unter den Dienstverträgen nach Zahl und Wichtigkeit weitaus die erste Stelle ein-
nehmen, während doch das Bo. ihrer nur gewissermaßen anhangsweise, in der Lehre vom
Auftrage, gedenkt. Doch dürfte dieser Grund allein nicht entscheidend sein. Denn diese sonder-
bare Systematik erklärt sich einigermaßen dadurch, daß das Gesetzbuch mit den auf eine
Geschäftsbesorgung gerichteten Dienstverträgen in dem nämlichen Paragraphen zugleich die
auf das nämliche Ziel gerichteten Werkverträge erledigen wollte und für diesen Paragraphen
nur in einem „Anhang“ eine geeignete Stelle fand.
Auf die sonstigen Versuche, den Begriff der Geschäftsbesorgung zu bestimmen, soll hier
nicht eingegangen werden. Denn fast jeder Schriftsteller, der sich darüber geäußert, hat
seine eigne Meinung.
Eine besonders wichtige Art der auf eine Geschäftsbesorgung gerichteten Dienstverträge
sind die Vollmachts-Dienstverträge, die den Dienstschuldner zur Vornahme eines
Rechtsgeschäfts oder auch zur Führung eines Prozesses im Namen des Dienstberechtigten
verpflichten. Dabei sei jedoch hervorgehoben, daß nicht jeder Vollmachtsvertrag zugleich ein
Vollmachts-Dienstvertrag ist; denn eine Vollmacht kann vertragsmäßig auch durch einen
Auftrag, einen Werkvertrag, einen Gesellschaftsvertrag usw. begründet werden.
b) Dienstverträge, die eine gewerbliche Arbeit zum Gegenstande haben.
Sie sind überwiegend durch Sondergesetze geregelt. In diesem Werk kommen
sie nach dessen Plan, der das Gewerberecht ausscheidet, nicht zur Darstellung.
Z) Dienstverträge des häuslichen Gesindes. Sie werden unten in
§ 146 besonders besprochen werden.
d) Die Dienstverträge der öffentlichen Beamten. Sie sind, auch soweit
sie die Gehaltsansprüche der Beamten oder deren persönliche Haftpflicht be-
treffen, öffentlichen Rechts und kommen deshalb in diesem Buch überhaupt
nicht zur Darstellung.
Allerdings ergibt sich aus E. 80, 81, daß die vermögensrechtlichen Ansprüche der
öffentlichen Beamten grundsätzlich den Vorschriften des BGB. unterworfen sein sollen, soweit
nicht landesrechtlich etwas andres bestimmt ist. Daraus folgt aber nicht, daß diese Ansprüche
wirklich privatrechtlicher Natur sind. Denn auch andre Forderungen, die unzweifelhaft dem
öffentlichen Recht angehören, z. B. Forderungen auf Steuern und Zölle, sind unbedenklich
in manchen Beziehungen nach der Analogie des bürgerlichen Rechts zu beurteilen.
e) Dienstverträge, die höhere Dienste zum Gegenstande haben (622,
627).
Hierher gehören z. B. die Verträge der Hauslehrer, Privatsekretäre usw., sodann aber
auch der Fabrikdirektoren, der als Künstler geltenden Schauspieler u. a.
III. 1. Die vom Dienstempfänger zu leistende „Vergütung" kann in Geld,
sie kann aber auch in Leistungen andrer Art, namentlich in der Gewährung
freier Wohnung, freier Verpflegung bestehn. Die Geldvergütung wird meist
nach Zeitabschnitten bemessen wie der Mietzins (Tagelohn, Monatsgehalt usw.),
kann aber auch anderweit, namentlich als Stück= oder Akkordlohn, als Pro-
vision, Tantieme 3 u. dgl. festgesetzt werden.
Beispiel. Frauen werden zum Schasscheren bestellt; sie erhalten entweder für die
Tagesarbeit so und so viel Mark oder für jedes geschorene Schaf so und so viel Pfennige.
Ein Dienstvertrag, bei dem der Dienstschuldner statt des Lohns freie Wohnung erhält,
gleicht einem Mietvertrage, bei dem der Mieter statt des Geldmietzinses Dienste zu leisten
3) Crome, partiarische Rechtsgeschäfte (97); Lotmar 1 S. 118, 328.
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