Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

616 Buch II. Abschnitt 2. Einzelne Arten der Forderungen. 
d) Bei den auf eine Geschäftsbesorgung gerichteten Werkverträgen hat der 
Unternehmer die drei besondern Verpflichtungen, die dem Dienstschuldner bei 
gleichartigen Dienstverträgen obliegen, ebenfalls, also namentlich die Pflicht, 
sich streng an die Anweisungen des Bestellers zu halten (675, 665—668). 
e) Bei nicht abnahmefähigen Werken muß er dem Besteller von dem Abschluß des 
Werks Nachricht geben; erst mit dieser Nachricht kann das Werk als vollendet gelten. Im 
Gesetz ist dies nicht bestimmt, ist aber z. B. wegen des Beginns der kurzen Verjährung 
(638, 646) selbstverständlich. 
2. Dadurch, daß der Besteller nach Vollendung des Werks in Annahme- 
verzug gerät, wird der Unternehmer von seinen Verpflichtungen nicht befreit, 
muß vielmehr das Werk zur Verfügung des Bestellers halten oder nach den 
allgemeinen Regeln durch Selbsthülfeverkauf veräußern, behält aber dafür auch 
den Anspruch auf die volle vertragsmäßige Vergütung. Ein Annahmeverzug 
des Bestellers kann aber auch schon vor Vollendung des Werks vorkommen, 
namentlich in der Art, daß der Besteller bei Herstellung des Werks mitzu- 
wirken hat, seine Mitwirkung aber schuldhaft oder schuldlos unterläßt. Hier 
hat der Unternehmer ein zwiefaches Recht. 
a) Der Unternehmer kann bei dem Vertrage stehn bleiben und seine 
Arbeitskraft dem Besteller zur Verfügung halten. Alsdann darf er für die 
Zeit, während deren der Besteller sich in Verzug befindet, eine angemessene 
Entschädigung fordern; bei deren Berechnung ist einerseits auf die Dauer des 
Verzuges und die Höhe der vereinbarten Vergütung zu sehn; andrerseits ist zu 
berücksichtigen, was der Unternehmer infolge des Verzuges an Aufwendungen 
erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder 
schuldhaft (nicht bloß böswillig!) zu erwerben unterläßt (642). 
Daß die dem Werkunternehmer gebührende Entschädigung eine „angemessene“ sein soll, 
ist leicht zu verstehn. Völlig dunkel ist dagegen, was das Gesetz sich bei den besondern 
Regeln gedacht hat, die für die Berechnung der Entschädigung bestimmend sein sollen. — 
Beispiel: A. hat sich soeben als Schneider etabliert; sein erster und zunächst einziger Kunde B. 
bestellt sich Montags bei ihm einen Uberzieher, lieferbar nach Maß binnen 14 Tagen, für 
120 Mk.; B. soll am nächsten Mittwoch zur Anprobe kommen, erscheint aber krankheitshalber erst 
eine Woche später; dadurch wird die Anfertigung des Überziehers um einen Tag verzögert. Hier 
könnte, wenn man sich wirklich an die vom Gesetz bestimmte Rechnungsmethode halten wollte, 
A. von B. nicht weniger als 60 Mk. Entschädigung fordern. Denn als „Vergütung“ für . 
waren ja 120 Mk. ausbedungen, und B.s Verzug hat während der halben bedungenen 
Lieferzeit gedauert; daß aber Aufwendungen infolge des Verzuges erspart sind oder A. seine 
Arbeitskraft anderweit hätte verwenden können, ist kaum anzunehmen. 
b) Der Unternehmer kann ferner den Vertrag kündigen. Doch muß er 
dem Besteller zugleich mit der Kündigung eine Frist zur Nachholung der ihm 
obliegenden Handlung setzen; erst mit dem fruchtlosen Ablauf der Frist wird 
die Kündigung wirksam; bis dahin muß der Besteller eine Entschädigung in 
der zu a genannten Art zahlen. 
3. Erfüllt der Unternehmer die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht, so 
kommen die allgemeinen für gegenseitige Verträge geltenden Regeln zur An- 
wendung. Nur ist das Rücktrittsrecht des Bestellers, ähnlich wie bei der Miete
	        
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