Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

624 Buch II. Abschnitt 2. Einzelne Arten der Forderungen. 
X. Der Auftrag. 
150. 
I. 1. Der Auftrag (mandatum) hat zum Inhalt, daß die eine der 
Parteien, der Beauftragte, ein ihr von der Gegenpartei übertragenes Geschäft 
für sie zu besorgen hat, ohne daß die Gegenpartei, der Auftraggeber, die 
Leistung eines Entgelts 1 übernimmt (662). Sonach hebt sich der Auftrag 
scharf von dem Dienst= und Werkvertrage ab: er ist unentgeltlich, während 
Dienst= und Werkvertrag entgeltlich sind; außerdem geht er immer auf eine 
„Geschäftsbesorgung“, während Dienst= und Werkvertrag auch auf Dienste und 
Arbeiten andrer Art gerichtet sein können. 
2. Trotz aller begrifflichen Verschiedenheit ist der Auftrag dem Dienst- 
und Werkvertrage, und zwar ganz besonders dem auf eine Geschäftsbesorgung 
gerichteten Dienstvertrage, nahe verwandt, ähnlich wie ja auch Leihe und Miete 
Gegensätze sind und dennoch in naher Verwandtschaft miteinander stehn. Die 
folgende Darstellung wird deshalb den Auftrag stets im Vergleich mit dieser 
Art des Dienstvertrages behandeln. 
II. Zuvörderst ist schon der Gegenstand bei dem Auftrage der gleiche 
wie bei dem geschäftlichen Dienstvertrage, nämlich eine „Geschäftsbesorgung“ in 
dem früher entwickelten Sinn. 
Beispiel. Es ist kein „Auftrag“", wenn A. seinen Schüler B. nach Paris schickt, damit 
dieser dort auf eigne Kosten für eine von A. unternommene wissenschaftliche Arbeit Bibliotheks- 
studien treibe. 
III. Auch der Abschluß des Auftraggeschäfts unterliegt den gleichen Regeln 
wie der Abschluß eines geschäftlichen Dienstvertrages (663). 
IV. 1. a) Anders als der geschäftliche Dienstvertrag zählt der Auftrag 
nicht zu den gegenseitigen Verträgen, sondern begründet ein unvollkommen zwei- 
seitiges Schuldverhältnis (s. oben S. 370). 
b) Die Gefahr des Auftrages liegt lediglich beim Auftraggeber: wenn 
der Beauftragte den ihm erteilten Auftrag trotz pflichtmäßigen Bemühens nicht 
auszuführen vermag, treffen die Nachteile, nämlich die vergeblich aufgewendeten 
Kosten, nicht ihn, sondern allein den Auftraggeber. 
2. Die Pflichten des Beauftragten stimmen mit denen des Dienstschuldners 
bei einem auf eine Geschäftsbesorgung gerichteten Dienstvertrage (664—668) über- 
ein. So groß der Unterschied tatsächlich ist, daß der Dienstschuldner für seine 
Bemühungen bezahlt wird, der Beauftragte dagegen umsonst arbeitet, so wenig 
nimmt das Gesetz bei Bemessung der Verpflichtungen beider darauf Rücksicht. 
1) Siehe aber BGB. 778, RG. 56158. 
2) Abw. Endemann § 173, 1b.
	        
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