626 Buch II. Abschnitt 2. Einzelne Arten der Forderungen.
XI. Die Anweisung.
1351.
I. 1. Bei der Anweisung sind drei Personen beteiligt, der Anweisende,
der Angewiesene, der Empfänger: der Anweisende ermächtigt nämlich erstens
den Angewiesenen, für seine, des Anweisenden, Rechnung eine Geldzahlung oder
sonstige Leistung an den Empfänger zu vollziehn, und er ermächtigt zweitens
den Empfänger, ebendiese Leistung bei dem Angewiesenen im eignen Namen zu
erheben (783).
2. Die Anweisung enthält demnach eine doppelte „Ermächtigung“.
a) Sie enthält nicht etwa eine doppelte „Vollmacht“: denn sowohl der
Angewiesene wie der Empfänger treten nicht als Bevollmächtigte des An-
weisenden, sondern im eignen Namen auf.
b) Ebensowenig enthält sie einen doppelten „Auftrag“: der Angewiesene
„darf“ leisten, der Empfänger „darf“ die Leistung einfordern; sie „brauchen“
es aber beide nicht. Doch kann mit der Anweisungsermächtigung auch ein
wirklicher Auftrag verbunden werden, sei es an den Angewiesenen, sei es an
den Empfänger.
3. Der Anweisung nahe steht der Zahlungs= und der Einziehungsauftrag.
Doch steckt (von andern Unterschieden, die sich daraus ergeben, daß die An-
weisung überhaupt kein „Auftrag“ ist, ganz abgesehn) in jedem dieser Aufträge
nur eine der beiden Ermächtigungen, die bei der Anweisung miteinander
charakteristisch verbunden werden, nämlich im Zahlungsauftrage nur die Er-
mächtigung, die Leistung für Rechnung des Auftraggebers zu vollziehn, im
Einziehungsauftrage nur die Ermächtigung, die Leistung einzufordern. Die
Folge ist, daß der Auftraggeber sowohl den Zahlungs= wie den Einziehungs-
auftrag so lange widerrufen kann, als der Beauftragte ihn nicht tatsächlich
durch Vollziehung oder erfolgreiche Einforderung der Leistung ausgeführt hat.
Die Anweisung ist dagegen schon dann unwiderruflich, wenn der Angewiesene
sie formell „angenommen“, d. h. ihre tatsächliche Ausführung dem Empfänger
bloß versprochen hat (790). Denn das ist eben der Sinn der in der An-
weisung enthaltenen Doppelermächtigung, daß der Angewiesene und der Emp-
fänger sich auf Rechnung des Anweisenden schon vor der tatsächlichen Aus-
führung der Anweisung in unmittelbare rechtliche Beziehung setzen dürfen.
4. a) Sehr häufig wird die Anweisung zur Bezahlung von Schulden
benutzt: Anweisung auf Schuld. Wur unterscheiden dabei drei Fälle:
I. der Gläubiger stellt über den Betrag seiner Forderung eine Anweisung auf
1) Wendt, das allgemeine Anweisungsrecht (95); Lenel, Jahrb. f. Dogm. 36 S. 113;
v. Tuhr, ebenda 48 S. 1; Lent, Anweisung als Vollmacht (07); Riehl, Anweisung (08).
2) Abw. Lenel S. 114.