Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

628 Buch II. Abschnitt 2. Einzelne Arten der Forderungen. 
zur Schenkung ist möglich: der Empfänger soll den Anweisungsbetrag 
als Geschenk des Anweisenden behalten. 
Wird eine Anweisung zum Zweck einer nicht gerichtlich oder notariell beurkundeten 
Schenkung erteilt, so wird die Schenkung als solche erst gültig, wenn der Angewiesene die 
Anweisung annimmt oder bezahlt. Widerruft also der Schenker die Anweisung vor diesem 
Zeitpunkt, so verletzt er seine Schenkerpflichten nicht; dagegen ist ein späterer Widerruf nicht 
bloß im Verhältnis des Schenkers und des Beschenkten zum Angewiesenen, sondern auch im 
Verhältnis des Schenkers zum Beschenkten unwirksam. Anders die herrschende Meinung: 
ihr zufolge soll die Schenkung nicht schon mit der Annahme, sondern erst mit der Bezahlung 
der Anweisung gültig werden; dafür spricht allerdings der Wortlaut von BGB. 788: 
indes kann doch nicht bestritten werden, daß, wenn der Angewiesene angenommen hat, die 
Schenkung insoweit tatsächlich vollzogen ist, als der Schenker dem Beschenkten eine Forderung 
gegen den Angewiesenen zugewendet hat; das muß aber für die Formvorschrift von BGB. 518 
genügen. Zu beachten ist dabei, daß dem Schenker irgendeine Regreßpflicht nicht erwächst, 
wenn der Angewiesene später trotz der Annahme die Anweisung nicht bezahlt. 
6. Eine große Rolle spielt die Anweisung im Handelsrecht als Scheck, 
Kreditbrief, Orderanweisung und gezogener Wechsel. Doch kann von diesen 
handelsrechtlichen Bildungen hier nicht weiter die Rede sein. 
II. 1. Eine Anweisung kann nur auf die Leistung vertretbarer, d. h. bloß 
der Gattung nach bestimmter Sachen und Wertpapiere gehn (783). Am 
häufigsten ist sie auf eine Geldleistung gerichtet. Wir werden deshalb im 
folgenden immer nur von Geldanweisungen sprechen. 
2. Die Leistung kann sofort bei Vorzeigung der Anweisung („auf Sicht“) 
oder erst nach Ablauf einer Frist zu bewirken sein. 
3. Sie ist stets abstrakt, also unabhängig von irgendeinem Schuldgrunde 
(s. oben S. 162).“ Dagegen steht nichts im Wege, daß sie von einer Be- 
dingung, also etwa von einer Gegenleistung des Empfängers, abhängig ge- 
macht wird. 
Beispiele. I. A. hat von B. 1000 Mk. zu fordern und an C. 1000 Mk. zu zahlen 
und will nun eine Anweisung über 1000 Mk. auf B. zugunsten des C. ausstellen. Hier 
darf die Anweisung nicht lauten: „B. wolle die 1000 Mk., die er mir schuldig ist, zur Be- 
gleichung meiner gleich hohen Schuld an C. letzterem zahlen. A.“; sie muß vielmehr abstrakt 
lauten: „B. wolle 1000 Mk. an C. zahlen. A.“ II. Zulässig ist folgende Anweisung: „B. 
wolle, wenn C. ihm 3000 Mk. preußische 3% Konsols nebst Zinsscheinen übergibt, ihren 
Kurswert an ihn auszahlen.“ 
III. 1. a) Die Anweisung kommt durch einen Vertrag 5 zwischen dem An- 
weisenden und dem Empfänger zustande. Und zwar ist der Vertrag form- 
bedürftig: die vorgeschriebene Form ist die Ausstellung einer einseitigen schrift- 
lichen Erklärung des Anweisenden und die Aushändigung dieser Erklärung an 
den Empfänger (783). 
b) Hiernach sind bei dem eigentlichen Anweisungsgeschäft nur der 
Anweisende und der Empfänger tätig, während der Angewiesene zunächst 
passiv bleibt. Charakteristisch ist vor allem, daß die Anweisung von dem 
Anweisenden nicht etwa unmittelbar an den Angewiesenen übersendet, sondern 
3) v. Tuhr S. 36; Endemann 1 § 195 15; ebenso unfre 4. Aufl. S. 552. 
4) v. Tuhr S. 13. 5) Abw. Ortmann S. 978.
	        
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