630 Buch II. Abschnitt 2. Einzelne Arten der Forderungen.
1. Der Empfänger und der Angewiesene.
a) Wenn die Anweisung nicht angenommen ist, fehlen Rechtsbeziehungen
zwischen dem Empfänger und dem Angewiesenen ganz. Allerdings ist der
Empfänger zur Erhebung, der Angewiesene zur Auszahlung der in der An—
weisung genannten Summe „ermächtigt“. Aber diese Ermächtigung wirkt nur
gegenüber dem, der sie begründet hat, gegenüber dem Anweisenden. Unter-
einander sind dagegen der Empfänger und der Angewiesene machtlos: weder
kann jener, wenn der Angewiesene nicht zahlen will, auf die Zahlung klagen,
noch kann dieser den Empfänger zur Entgegennahme des Anweisungsbetrages
nötigen. Ganz anders ist die Rechtslage, wenn der Angewiesene die Anweisung
ungenommen hat: alsdann ist er dem Empfänger für die Bezahlung der An-
weisungssumme unmittelbar verhaftet, mag er auch die Annahme nicht ihm,
sondern dem Anweisenden gegenüber erklärt haben. Und zwar zeigt sich jetzt,
was es bedeutet, daß der Empfänger zur Erhebung der angewiesenen Summe
„im eignen Namen“ ermächtigt war: die Annahme gibt nämlich dem Emp-
fänger ein selbständiges Forderungsrecht, völlig unabhängig von den Rechts-
beziehungen zwischen dem Angewiesenen und dem Anweisenden. Demgemäß
kann der Angewiesene sich auf diese Rechtsbeziehungen dem Empfänger gegen-
über nicht einmal einwandweise berufen, es müßte denn der Einwand aus
dem Text der Anweisung hervorgehn oder in der Annahmeerklärung besonders
vorbehalten sein (784 I). Die Rechte des Empfängers können aber nur gegen
Aushändigung der Anweisung geltend gemacht werden (785). Sie verjähren
in drei Jahren (786).
Beispiele. Der Angewiesene kann sich, wenn er einmal angenommen hat, nicht darauf
berufen, daß die Anweisung gefälscht oder vom Anweisenden (vor oder nach der Annahme)
widerrufen war, daß er Gegenforderungen gegen den Anweisenden habe, daß er irrtümlich
geglaubt habe, den Anweisungsbetrag dem Anweisenden schuldig zu sein, daß er vom An-
weisenden zu der Annahme durch Betrug verleitet worden sei usw. Dagegen kann er ein-
wenden, daß seine Annahmeerklärung absolut (also nicht bloß gegenüber dem Anweisenden)
ungültig, z. B. simuliert sei (118); ebenso kann er aus seinen persönlichen Rechtsbeziehungen
zum Empfänger Einwendungen aller Art entnehmen (784 1).
b) Den Rechten des Empfängers gegen den Angewiesenen stehn Rechte
des Angewiesenen gegen den Empfänger nicht gegenüber.
2. Der Angewiesene und der Anweisende.
a) Der Angewiesene hat das Recht, von dem Anweisenden Ersatz für die
Bezahlung der Anweisung zu fordern. Denn er war ja ermächtigt, die
Zahlung „für Rechnung des Anweisenden“ zu bewirken. Dies Recht fällt
fort, wenn der Anweisende die Anweisung widerrufen hat; dazu ist der An-
weisende nach freier Willkür berechtigt, mag er auch dem Empfänger gegen-
über auf das Widerrufsrecht verzichtet haben (790). Nur muß er den Wider-
ruf gerade dem Angewiesenen erklären. Auch muß er, wie schon früher be-
8) Planck-Strecker Anm. 3 zu § 787. Abw. Düringer-Hachenburg, Kommentar z.
BeB. 2 S. 424.