§ 158. Einwendungen des Bürgen. Vorausklage. 661
eines Wohnsitzes und einer gewerblichen Niederlassung an seinem Aufenthaltsort) versucht
werden; steht dem Gläubiger ein Pfand= oder Zurückbehaltungsrecht an einer beweglichen
Sache des Hauptschuldners zu, so muß er auch aus dieser Sache Befriedigung suchen, selbst
wenn die Sache sich an einem andern Ort als dem eben genannten befindet (772). In un-
bewegliche Sachen und sonstige Aktiva des Hauptschuldners braucht die Zwangsvollstreckung
niemals versucht zu werden.
Der Beweis, daß die Vorausklage erfolglos geschehn ist, liegt dem Gläubiger? ob;
dagegen ist der Bürge beweispflichtig, wenn er behauptet, der Hauptschuldner habe den
Gläubiger anderweit befriedigt.
b) Ausgeschlossen ist die Einrede der Vorausklage, 1. wenn der Bürge auf
die Einrede verzichtet hat; 2. wenn die Rechtsverfolgung gegen den Haupt-
schuldner infolge einer nach der Bürgschaftsiübernahme eingetretenen Anderung
des Wohnsitzes, der gewerblichen Niederlassung oder des Aufenthaltsorts des
Hauptschuldners wesentlich erschwert ist; dies wird nur der Fall sein, wenn
die Verlegung an einen unbekannten Ort oder in das Ausland erfolgt, aber
auch hier nicht immer; 3. wenn über das Vermögen des Hauptschuldners der
Konkurs eröffnet ist; 4. wenn (etwa auf Grund einer von einem andern
Gläubiger fruchtlos versuchten Zwangsvollstreckung) anzunehmen ist, daß die
Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Hauptschuldners nicht zur Be-
friedigung des Gläubigers führen wird (773 0).
In den Fällen zu 3 und 4 ist die Einrede aber zulässig, wenn der Gläubiger sich aus
einer beweglichen Sache des Hauptschuldners befriedigen kann, an der er ein Pfand= oder
Zurückbehaltungsrecht hat (773 II).
4. Nicht selten wird die Bürgschaft nur auf bestimmte Zeit übernommen.
Alsdann wird der Bürge nicht etwa sofort mit dem Ablauf der Zeit haftfrei.
Wohl aber ist der Gläubiger gehalten, unverzüglich nach Ablauf der Zeit
seine Forderung gegen den Hauptschuldner durch Klage und Zwangsvoll=
streckung zu betreiben, das Verfahren ohne wesentliche Verzögerung fortzusetzen
und unverzüglich nach der Beendigung des Verfahrens dem Bürgen anzuzeigen,
daß er ihn in Anspruch nehme; verletzt der Gläubiger diese Obliegenheiten,
so ist der Bürge nunmehr befreit; erfüllt dagegen der Gläubiger die Obliegen-
heiten, so bleibt der Bürge haftbar, jedoch mit der Beschränkung, daß eine
Erweiterung der Hauptschuld, die nach der Beendigung des Verfahrens eintritt,
ihm unschädlich ist (777).
Ist die Hauptschuld bei Ablauf der Bürgschaftszeit noch nicht fällig, so muß der
Gläubiger, wenn er die Fälligkeit durch Kündigung herbeiführen kann, nach Ablauf der Zeit
unverzüglich zur Kündigung schreiten; die Haftzeit des Bürgen wird also um die volle
Dauer der Kündigungsfrist verlängert. Hat der Gläubiger dagegen kein Kündigungsrecht,
so ist der Bürge sofort mit Ablauf der Bürgschaftszeit befreit.
Die vorstehenden Regeln gelten nicht, wenn die Bürgschaft für eine erst in Zukunft
zu begründende Hauptschuld übernommen ist.5 Vielmehr ist hier durch freie Auslegung zu
ermitteln, in welcher Absicht der Bürge seine Haftung zeitlich begrenzt hat. Es ist z. B.
sehr wohl möglich, daß der Bürge hat sagen wollen, er wolle bloß für solche Schulden
haften, die innerhalb der Zeit begründet (und fällig?) werden, während ihm an einer be-
7) Schollmeyer S. 177. 8) R. 63 S. 12.