662 Buch I. Abschnitt 2. Einzelne Arten der Forderungen.
sonders beschleunigten Beitreibung der Schulden im Sinn der vorstehenden Vorschriften gar
nicht gelegen war.
5. Die Haftung des Bürgen erlischt, abgesehn von den für alle andern
Verpflichtungen geltenden Gründen, 1
a) durch Aufhebung der Hauptschuld,
b) durch Zusammentreffen der Haupt= und der Bürgschaftsschuld in der
nämlichen Person,
c) durch Kündigung des Bürgen, wenn die Bürgschaft für zukünftige
Verpflichtungen in unbestimmter Zahl auf unbestimmte Zeit übernommen war.
V. Auch das Rechtsverhältnis zwischen dem Bürgen und dem Haupt-
schuldner ist regelmäßig ein einseitiges, wie das zwischen Bürgen und Gläubiger,
und zwar derart, daß der Bürge die allein berechtigte Partei ist, während die
Pflichten ausschließlich dem Hauptschuldner zur Last fallen. Doch ist das
Rechtsverhältnis zwischen Gläubiger und Bürgen und das zwischen Bürgen
und Hauptschuldner im übrigen recht verschieden; denn jenes ist immer ver-
tragsmäßig; dieses kann dagegen ebensogut außervertraglich sein, da ja der
Bürge nur mit dem Gläubiger, nicht aber mit dem Hauptschuldner einen Ver-
trag geschlossen zu haben braucht.
1. Die Hauptbefugnis des Bürgen ist, daß er, wenn er den Gläubiger
befriedigt? hat, den Rückgriff auf den Hauptschuldner nehmen kann. 19 Zu
diesem Behuf hat er ein zwiefaches Recht. Erstlich geht die Forderung des
Gläubigers samt den zur Sicherung bestellten Pfandrechten, den Ansprüchen
gegen die Mitbürgen usw. 11 von Gesetzes wegen auf den Bürgen über (774
Satz 1); das Gesetz nimmt also an, daß der Bürge nicht zahlt, um den Haupt-
schuldner zu befreien, sondern um selber an des Gläubigers Statt dessen
Forderung zu erwerben; sonach kann der Bürge als Rechtsnachfolger des
Gläubigers gegen den Hauptschuldner vorgehn; hat der Bürge den Gläubiger
nur teilweise befriedigt, so geht auch nur ein Teil der Forderung auf ihn
über, es sei denn, 12 daß der Gläubiger ihm freiwillig die ganze Forderung
abtritt. Zweitens kann der Bürge sein Rückgriffsrecht auch auf die Rechts-
beziehungen stützen, die unmittelbar zwischen ihm und dem Hauptschuldner
bestehn; er kann also gegen den Hauptschuldner kraft eignen Rechts vorgehn.
a) Das Rückgriffsrecht steht aber dem Bürgen nicht ausnahmslos zu.5
Vielmehr muß er, wenn er kraft eignen Rechts Ansprüche gegen den Haupt-
schuldner geltend macht, dies sein Recht gemäß den zwischen ihm und dem
Hauptschuldner getroffenen Vereinbarungen, gemäß den Regeln über auftraglose
Geschäftsführung usw. besonders begründen. Stützt er sich dagegen als Rechts-
9) R. 53 S. 404.
10) Koban, Regreß des Bürgen (04): Erlinghagen, Rückgriff des Bürgen (02); Schufltz,
Rückgriff u. Weitergriff (07): Bendix, Arch. f. BR. 25 S. 84; Breit bei Gruchot 48 S. 283;
Strohal, D. Jur Ztg. 03 S. 373.
11) RG. 60 S. 193. 12) Endemann 1 § 1922. 13) RG. 59 S. 11, 207.