§ 162. Abstrakte Schuldverträge. § 163. Delikte. 675
grund zu berufen, so kann dies bedeuten: 1. daß der Schuldner auf die Einwendungen
gänzlich verzichtet oder 2. daß er die Einwendungen nur als solche preisgibt, dagegen selb-
ständige, im Streitfall durch Klage geltend zu machende Rechte daraus herleiten darf.
Nach Maßgabe der Regeln zu a, b kann auch der Gläubiger, wenn er will, sich auf
den Schuldgrund des Schuldvertrages berufen. Dies wird z. B. der Fall sein, wenn ihm
die vom Schuldner kraft des Vertrages gelieferte Sache von einem besserberechtigten Dritten
entrissen wird und er nun aus BGB. 445 („entgeltliche“ Veräußerung eines Gegenstandes)
Ansprüche gegen den Schuldner erheben will.“
e) Wer sich gegenüber einem abstrakten Schuldvertrage auf den Schuld-
grund bezieht, auf dem dieser Vertrag beruht, sei es als Schuldner, sei es als
Gläubiger, muß den Schuldgrund beweisen.
4. Die Anfechtbarkeit eines abstrakten Schuldvertrages wegen Irrtums usw.
folgt den allgemeinen Regeln.
XXI. Die Delikte.
1. Bie Belikte im allgemeinen.
a) Tatbestand.
8 163.
I. Zum Tatbestande eines jeden Delikts oder, wie das Gesetz sich
schwerfällig ausdrückt, jeder unerlaubten Handlung gehört, daß jemand
durch ein unerlaubtes Verhalten einem andern schuldhaft oder doch nicht er-
weislich schuldlos einen Schaden zufügt. Doch sind die einzelnen Merkmale
dieses Tatbestandes nicht bei allen Delikten gleichmäßig bestimmt. Wir ordnen
die Delikte deshalb in drei Hauptgruppen; die Delikte der ersten Gruppe seien
als die gewöhnlichen bezeichnet, da das Gesetz (823 1) sie an die Spitze
seiner deliktrechtlichen Regeln stellt; die Delikte der zweiten Gruppe (823 H)
seien Schutzgesetzverletzungen, die der dritten Gruppe (826) seien un-
sittliche Delikte genannt. Daneben gibt es freilich noch einige Delikte (824,
825 usw.), die sich keiner dieser drei Hauptgruppen zuzählen lassen und die
deshalb als Sonderdelikte bezeichnet werden mögen; doch soll dieser und
der nächstfolgende Paragraph sich zunächst auf die Delikte der drei Haupt-
gruppen beschränken und erst der Schlußparagraph des Deliktsrechts (unten
§ 165) auch auf die Sonderdelikte Bezug nehmen.
1. Erstens ist schon das Merkmal, daß bei allen Delikten jemand einem
andern einen Schaden zufügt, bei jeder der drei Deliktsgruppen verschieden
bestimmt.
8) Siehe R. 62 S. 45.
1) Jung, Delikt u. Schadensverursachung (97); Linckelmann, Schadensersatzpflicht aus
unerl. Handlungen (98); v. Liszt, Deliktsobligationen (98); Eltzbacher, Handlungsfähigkeit
(68) S. 274; Prym, Konkurrenz des Anspruchs aus dem Vertrage mit dem Anspruch aus
unerl. Handlung (Diss. 05); Krückmann, Jahrb. f. Dogm. 52 S. 428.
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