§ 163. Delikte gegen das Eigentum und sonstige Rechte. Schutzgesetze. 677
lichen Delikten, wenn jemand um eine Erwerbsaussicht gebracht, zu Ausgaben
genötigt, zur Aufnahme von Schulden veranlaßt wird. 11
Beispiele. I. Gewöhnliche Delikte liegen vor, wenn A. unerlaubt und schuldhaft einen
Schaden anrichtet wie folgt: 1. Er tötet den B. oder schlägt ihm ein Auge aus oder erschreckt
ihn so, daß er krank wird, oder sperrt ihn ein. 2. Er zerbricht Schmucksachen, die entweder
dem C. gehören oder zwar in seinem eignen Eigentum stehn, aber von ihm dem C. als
Pfand gegeben sind. 3. a) Er eröffnet neben dem Laden seines früheren Prinzipals D. ein
Konkurrenzgeschäft, obschon D. nach einem zwischen ihm und A. abgeschlossenen Vertrage von
A. die Unterlassung eines derartigen Wettbewerbes fordern kann. b) Er zieht eine Forderung,
die ihm gegen den E. zustand, von diesem ein, obschon er die Forderung kurz zuvor an den
F. abgetreten hatte, und zerstört damit, da der Schuldner E. die Abtretung erst nachträglich
erfährt, die Forderung des F. (407 1). 4. Er legt sich, nachdem seine Mutter in zweiter
Ehe den G. geheiratet hatte, den Namen seines Stiefvaters bei. II. Dagegen ist der Tat-
bestand eines gewöhnlichen Delikts in folgenden Fällen nicht erfüllt. 1. A. beleidigt den H.
oder verführt die J. zur Unzucht oder verrät ein wichtiges Geschäftsgeheimnis, das sein
Freund K. ihm unter dem Siegel der Verschwiegenheit mitgeteilt hat, einem Konkurrenten
oder stört den Gewerbebetrieb des L. dadurch, daß er auf Grund eines ihm in Wahrheit gar
nicht zustehenden Patentrechts dem L. und dessen Arbeitern den Gebrauch gewisser Maschinen
verbietet. 12 2. A. hört von einer ihm als unzuverlässig bekannten Person, daß angeblich die
Frau seines zurzeit auf einer Studienreise befindlichen Freundes M. gestorben sein soll,
telegraphiert auf Grund dieser Mitteilung, ohne weitere Erkundigungen einzuziehn, an M.
den Tod der Frau als Tatsache und veranlaßt diesen dadurch zu einer unnötigen Heimreise.
Sehr gewissenhaft ist es, daß das Gesetz neben der Verletzung des Körpers als Delikt
auch die Verletzung der Gesundheit erwähnt. Doch ist es nicht wohl einzusehn, wie man
jemandes Gesundheit schädigen soll, ohne zugleich seinen Körper zu verletzen. Offenbar haben
die Gesetzesverfasser hier einmal ausnahmsweise versucht, volkstümlich zu sein und haben
deshalb eine Störung der Nervenfunktionen nicht als Körperverletzung gelten lassen.
b) Bei den Schutzgesetzverletzungen geschieht die Schädigung dadurch, daß
der Urheber des Delikts gegen ein Gesetz verstößt, das gerade den Schutz des
Geschädigten bezweckt (823 II).13 Der Bereich dieser Delikte ist also gerade so
groß wie der Bereich der von der geltenden Rechtsordnung aufsgestellten Schutz-
gesetze; die Folge ist, daß jede Anderung dieser Gesetze, auch wenn sie zu-
nächst als bloße Straf= oder Verwaltungsgesetze gedacht sind und dem bürger-
lichen Recht fern zu stehn scheinen, mittelbar auch eine Anderung des bürger-
lichen Deliktsrechts mit sich bringen kann. Daß die Delikte sich gerade gegen
eines der zu a genannten Rechtsgüter richten, ist nicht erforderlich.
Beispiele. I. Deliktische Schutzgesetzverletzungen liegen vor, wenn A. unerlaubt und
schuldhaft einen Schaden anrichtet wie folgt: 1. Er veröffentlicht in den Zeitungen Anzeigen,
die eine Beleidigung des B. enthalten (StrGB. 185). 2. Er verführt die noch nicht sechzehn-
jährige C., ihm die Beiwohnung zu gestatten; die Folge ist, daß die C. niederkommt
(StrGB. 182). 3. Er unterläßt es, für seinen Arbeiter D. das Einkleben von Marken für
die Altersversicherung zu besorgen (RGes. v. 19. Juli 1899 § 176). 14 4. Er schädigt seinen
Konkurrenten D. durch unwahre Reklame für sein eignes Geschäft (RGes. v. 7. Juni 1909
§ 3). II. Dagegen ist es keine deliktische Schutzgesetzverletzung, wenn A. seinen Nachbarn
F. dadurch schädigt, daß er in seinem Hause ein Bordell betreibt. Denn das Verbot des
Bordellbetriebes (StrGB. 180) ist nicht zum Schutz der Nachbarn, sondern zum Schutz der
im Bordell verkuppelten Personen oder zum Schutz der allgemeinen Sittlichkeit bestimmt.
11) Ortmann Anm. 38 zu 823. Vgl. Eltzbacher 333.
12) Abw. R . 58 S. 29. 13) RG. 53 S. 314, 59 S. 237, 63 S. 325.
14) Abw. RG. 63 S. 53. 15) RG. 57 S. 241.