692 Buch II. Abschnitt 2. Einzelne Arten der Forderungen.
und schuldhaft vorgenommen ist (823 1); der Tatbestand der deliktischen Frei-
heitsentziehung ist aber gerade deshalb sehr viel weiter als der der strafbaren
Freiheitsentziehung, da er auch ein fahrlässiges, dieser nur ein vorsätzliches
Verhalten umfaßt. Für den Umfang der Ersatzpflicht des Täters gelten ähn-
liche Regeln wie bei der Körperverletzung (845, 846, 847 .
Beispiel. Frau A. hat, als sie früh morgens ausging, ihre Wohnung abgeschlossen,
ohne daran zu denken, daß sich der bei ihr wohnende Kommis B. noch darin befand; die
Folge ist, daß B. sich nicht zu einer mit dem Kaufmann C. vormittags 10 Uhr verein-
barten Besprechung einfinden kann und dadurch die ihm angebotene Prokuristenstelle bei C.
nicht erhält. Hier ist Frau A. ersatzpflichtig.
IV. Die Beleidigung mit Einschluß der üblen Nachrede und der
Verleumdung ½ ist niemals ein gewöhnliches Delikt; denn sie verletzt ja
nur die Ehre des Beleidigten oder sein Vermögen als Ganzes, und beide
gehören nicht zu den besonders befriedeten Rechtsgütern, die Gegenstand eines ge-
wöhnlichen Delikts sein können (s. 823 1). Wohl aber ist sie, sobald sie straf-
bar, eine Schutzgesetzverletzung (823 II). Außerdem kann sie ohne Rücksicht
auf ihre Strafbarkeit auch ein Sonderdelikt darstellen; vorausgesetzt ist dafür,
daß jemand eine Tatsache, die geeignet ist, den Kredit eines andern zu ge-
fährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbei-
zuführen, behauptet oder verbreitet, daß diese Nachrede erweislich unwahr ist
und daß ihr Urheber die Unwahrheit kennt oder kennen muß; eine Ausnahme
gilt, wenn der Urheber der Nachrede die Unwahrheit seiner Mitteilung er-
weislich nicht gekannt hat und außerdem entweder er selbst oder der Dritte,
dem die Mitteilung gemacht wird, an dem Inhalt der Mitteilung ein berech-
tigtes Interesse hat (824). Die Art der Ersatzpflicht des Täters folgt den
allgemeinen Vorschriften. 13
Beispiele. I. A. behauptet aus bloßer Klatschsucht, also ohne ein berechtigtes Interesse
wahrzunehmen, daß Kaufmann B. in einem Prozeß, den er mit C. geführt, einen Meineid
geleistet habe; ob dies wahr ist oder nicht, läßt sich nicht ermitteln. Hier ist A. dem B.
schadensersatzpflichtig; denn sein Verhalten ist nach StrGGB. 186 strafbar. II. A. behauptet
in derselben Weise, daß B. in seinem Geschäft durch Unglücksfälle sein ganzes Vermögen
verloren habe; diese Angabe ist unwahr; A. hat die Unwahrheit zwar nicht gewußt, hätte
sie aber wissen müssen. Hier ist A. dem B. gleichfalls schadensersatzpflichtig; denn sein Ver-
halten ist zwar straffrei, da weder StrG B. 186 noch Str GB. 187 anwendbar sind, aber
nach BGB. 824 ein Delikt.
V. Eine geschlechtliche Verfehlung gegen eine Frau wird
häufig den Körper, die Gesundheit oder die Freiheit der Frau verletzen und
fällt alsdann unter die zu II und III genannten gewöhnlichen Delikte. Trifft
jene Voraussetzung nicht zu, so ist sie kein gewöhnliches Delikt. Wohl aber ist
sie möglicherweise ein unsittliches Delikt und, soweit sie strafbar, Schutzgesetz-
verletzung (826, 823 II). Endlich kann sie auch ein Sonderdelikt darstellen; vor-
ausgesetzt ist dafür, daß jemand eine Frau durch Hinterlist, Drohung oder
12) Fränkel, Schutz der Ehre nach Bürgerl. Recht (08).
13) RG. 56 S. 283, 57 S. 160, 60 S. 5.