8 167. Ungerechtfertigte Bereicherung. 703
gerechtfertigten Bereicherung vom Gesetz nicht so scharf betont wird wie die
des Delikts: das Delikt ist geradezu verboten, der ungerechtfertigten Bereiche-
rung wird dagegen nur negativ die Billigung des Gesetzes versagt; jenes ist
„rechtswidrig“, diese ist „rechtlos“.
I. 1. Die ungerechtfertigte Bereicherung muß das Vermögen der einen
Partei benachteiligen, das Vermögen der andern Partei vermehren: der Be-
reicherte muß also auf Kosten des Geschädigten einen Erwerb gemacht haben
(812). Ob der Erwerb unmittelbar oder nur mittelbar aus dem Vermögen
des Geschädigten stammt, ist gleichgültig.
Beispiel. A. trägt dem B. auf, in eignem Namen ein Wertpapier für etwa 1000 Mk.
anzuschaffen und anonym dem C. durch die Post zuzusenden; seine Absicht war, dem D. mit
jenem Papier ein Geschenk zu machen, ohne als Geber bekannt zu werden; nur aus Ver-
sehn hat er als Empfänger des Papiers statt des D. den C. genant. Hier ist C., wenn er
das Papier bekommt und A. nachträglich seinen Auftrag ansicht, ungerechtfertigt aus dem
Vermögen eines andern bereichert. Und zwar geht seine Bereicherung nicht auf B.s Kosten;
denn B. hat von der Sendung keinen Nachteil, da A. ihm den Wert des Papiers erstatten
muß. Sie geht auch nicht auf D.# Kosten; denn D. hat durch die bloße Schenkungsabsicht
A.## noch nichts gewonnen, also durch seine Verwechslung mit C. auch nichts verloren.
Vielmehr geht C.s Bereicherung auf A.s Kosten.
2. Die Verminderung des Vermögens des Geschädigten kann in dem Ver-
lust von Rechten, in der Belastung mit Pflichten usw. bestehn. Auch eine
unentgeltliche Arbeitsleistung des Geschädigten kann, falls der Geschädigte für
sie bezahlt zu werden pflegt oder ihretwegen einen andern Verdienst eingebüßt
hat, hierher gehören; das gleiche gilt, wenn der Geschädigte irgendeinen Er-
werb unterläßt, auf den er ein Recht hatte, wie etwa den Erwerb einer ihm
angefallenen Erbschaft; die für die Schenkungen geltende entgegengesetzte Regel
(oben S. 573, 3) ist hier nicht anwendbar.
Als Verlust eines Rechts gilt auch der Verlust des Besitzes einer Sache, selbst wenn
der Geschädigte an der Sache kein andres Recht als das des Besitzes gehabt hat, ferner der
Verlust einer gegen den Bereicherten oder gegen einen Dritten gerichteten Forderung usw.
3. So mannigfach wie der Verlust des Geschädigten kann auch der Er-
werb des Bereicherten sein. Namentlich genügt es, wenn dem Bereicherten
Ausgaben erspart werden.
II. Der Erwerb des Bereicherten muß ohne einen Rechtsgrund erfolgt
sein. Wann dies der Fall, wird nicht durch eine einheitliche Formel bestimmt,
sowenig wie der Tatbestand des Delikts einheitlich formuliert ist. Vielmehr
gibt es eine ganze Anzahl verschiedener Arten ungerechtfertigter Bereicherung.
Wir fassen sie, ähnlich wie die verschiedenen Deliktsarten, zu drei Haupt-
gruppen zusammen, müssen aber daneben noch einige Sonderarten beachten,
die sich unter keine der drei Hauptgruppen unterbringen lassen.
1. a) Die ungerechtfertigten Bereicherungen der ersten Hauptgruppe be-
ruhn darauf, daß jemand eine Leistung empfängt, die laut rechtsgeschäftlicher
Bestimmung des Leistenden einen gewissen Erfolg herbeiführen soll, aber diesen
3) Siehe R. 60 S. 28.