704 Buch II. Abschnitt 2. Einzelne Arten der Forderungen.
Erfolg tatsächlich nicht erreicht und damit ihren rechtlichen Sinn verliert (812 I
Satz 2). Hierher gehören namentlich folgende Fälle.
a) Jemand empfängt eine Leistung, die nach Bestimmung des Leistenden
ein Rechtsgeschäft zum Abschluß bringen soll; das Rechtsgeschäft kommt aber
nicht zustande oder wird nachträglich durch Anfechtung oder Widerruf hinfüällig.
6) Jemand empfängt eine Leistung, die nach Bestimmung des Leistenden
in gewisser Weise verwendet werden soll, ohne daß der Empfänger sich zu
dieser Verwendung positiv verpflichtet; der Empfänger unterläßt aber die Ver-
wendung.
7) Jemand empfängt eine Leistung, die nach Bestimmung des Leistenden
zur Erfüllung eines dem Empfänger angeblich zustehenden Anspruchs dienen
soll; der Anspruch besteht aber in Wahrheit nicht oder fällt nachträglich fort.
Einem nicht bestehenden Anspruch gleichgestellt ist ein Anspruch, der zwar be-
steht, aber durch eine dauernde Einrede — ausgenommen die Einrede der
Verjährung — entkräftet ist (813 1). Dasselbe wird für einen ausschiebend
bedingten Anspruch gelten, solange die Bedingung schwebt,“ nicht aber auch
für einen betagten Anspruch vor Eintritt der Fälligkeit (nicht einmal was den
Zwischenzins betrifft (813 III) oder für einen durch eine aufschiebende Einrede
gehemmten Anspruch.
Beispiele. I. Eine ungerechtfertigte Bereicherung liegt in folgenden Fällen vor.
1. a) A. will dem B. dadurch ein Geschenk machen, daß er eine Schuld des B. gegenüber C.
bezahlt; als B. die Zahlung erfährt, kann er sie natürlich nicht rückgängig machen (267),
erklärt aber dem A., daß er sich von ihm nichts schenken lassen wolle (516 II). b) D. er-
hält von E. brieflich 1000 Mk. als Geschenk; gleich darauf sicht E. die Schenkung wegen
Irrtums an, weil er bei der Zuwendung den D. mit dem F. verwechselt und das Geld
nur letzterem zugedacht habe. 2. G. schenkt dem H. 200 Mk. zur Aufbesserung seiner
Garderobe; H. kauft sich aber für das Geld ein Fahrrad. 3. a) H. bezahlt eine alte Dar-
lehnsschuld an K.; nachträglich stellt sich heraus, daß die Schuld schon vorher hinter dem
Rücken des H. von seiner Frau bezahlt worden ist. b) L. hat am 1. Februar von M. ein
Pferd gekauft; der Kaufpreis soll binnen 14 Tagen bezahlt und das Pferd dem B. gleich
nach Eingang des Geldes mit der Bahn zugeschickt werden: L. zahlt pünktlich; das Pferd
erkrankt aber gleich darauf, so daß die Absendung unterbleiben muß, und verendet. c) N.
bezahlt einen Mietsrückstand seines verstorbenen Onkels O., weil er dessen Erbe geworden
ist; nachträglich stellt sich heraus, daß O. überschuldet verstorben ist, alle seine Aktiva bereits
zur Bezahlung andrer Nachlaßschulden verwendet sind und N. demnach die Bezahlung des
Mietzinses mittels der (dauernden) Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses hätte verweigern
können (1990). d) P. zahlt dem Q. 1000 Mk. aus, weil er weiß, daß sein verstorbener
Onkel R. diese Summe dem O. vermacht hat und er Erbe des R. geworden ist; nachträglich
stellt sich heraus, daß R. das Vermächtnis nur für den Fall angeordnet hat, daß QO. sein
Assessorexamen bestanden haben werde; O. ist aber bisher nur bis zum ersten Durchfall
im Referendarexamen vorgedrungen. II. 1. a) Dagegen ist eine ungerechtfertigte Bereicherung
nicht gegeben, wenn S. seinem Patenkinde T. zur Einsegnung eine goldne Uhr schenkt, die
er eigens für diesen Zweck um 200 Mk. erstanden hat, und T. die Uhr mit Zustimmung
seines Vaters sofort für 80 Mk. an einen Uhrmacher verkauft. Denn so sicher es ist, daß
damit der Zweck der Schenkung gründlich verfehlt ist, so kann man doch nicht sagen, daß S.
diesen (übrigens recht schwer bestimmbaren) Zweck rechtsgeschäftlich festgelegt hat und daß
4) Endemann 1 § 19823; v. Mayr S. 454. Siehe aber auch RG. 71 S. 317.