706 Buch II. Abschnitt 2. Einzelne Arten der Forderungen.
nicht besteht, aber gerade dadurch, daß die Leistung erfolgt, rechtswirksam zu-
stande kommt (s. 313; 518 II; 766).
e) Nicht als ungerechtfertigt gilt die Bereicherung, wenn die Leistung,
auf der sie beruht, zur Erfüllung eines angeblich dem Empfänger zustehenden
Anspruchs geschieht und der Anspruch nur deshalb unwirksam ist, weil er aus
einem ungültigen Spiel= oder Wettgeschäft abgeleitet wird (762 1; s. auch 656 ).
Beispiele. I. 1. A. hat am 1. Mai durch mündlichen Vertrag sein Haus für 50 000 Mk.
an B. verkauft; B. hat sofort eine Anzahlung von 1000 Mk. darauf geleistet und zugleich
versprochen, sich zur Entgegennahme der Auflassung und Zahlung des Restkaufpreises am
10. Mai auf dem Grundbuchamt einzufinden; nachträglich verweigert er aber unter Be-
rufung darauf, daß der Vertrag vom 1. Mai wegen Formmangels ungültig sei, die Er-
füllung dieses seines Versprechens. Hier ist A. in Höhe der angezahlten 1000 Mk. ungerecht-
fertigt bereichert; denn der Hauskauf ist wegen Formmangels tatsächlich nicht zustande ge-
kommen. Allerdings ist allein B. daran schuld; denn sobald er die Auflassung entgegen-
nimmt, wird ja der Formmangel geheilt und der Hauskauf vollgültig (313). Doch kann
man nicht sagen, daß B. gegen Treu und Glauben verstößt, wenn er sein (ungültiges) Ver-
sprechen bricht und die Entgegennahme der Auflassung verweigert.' 2. Der nämliche A. hat
dem B. 5000 Mk. geschenkt, damit dieser das zum Verkauf stehende Kronengasthaus erwerbe
und die 5000 Mk. zur Anzahlung auf den Kaufpreis verwende; ärgerlich über den eben
erwähnten Wortbruch des B. kauft er aber plötzlich die Krone selber, nur um den B. an dem
Erwerbe zu verhindern, und fordert die 5000 Mk. nunmehr von B. zurück. Hier ist B.s Be-
reicherung keine ungerechtfertigte; denn A. selber hat gegen Treu und Glauben verhindert, daß
B. die 5000 Mk. bestimmungsgemäß verwendet. II. 1. a) C. hat für eine Operation, die er
an D. vorgenommen, 700 Mk. zu fordern und sendet ihm auch eine Liquidation über diesen
Betrag; D. schickt darauf umgehend, nur unter Beifügung seiner Visitenkarte, 1000 Mk. an C.
Hier kann D. nicht behaupten, daß C. um 300 Mk. ungerechtfertigt bereichert sei; denn es steht
ja nicht sest, daß D. mit seiner Geldsendung wirklich bloß den Honoraranspruch des C. hat er-
füllen und nicht vielmehr ihm zu seinem Honorar noch 300 Mk. hat schenken wollen. b) Der-
selbe Fall; nur standen auf D.d## Visitenkarte die Worte „zur Begleichung Ihrer gefälligen
Liquidation“. Hier ist C. in Höhe von 300 Mk. ungerechtfertigt bereichert, ohne daß D. auf-
klären muß, wie er zu seiner Mehrsendung gekommen ist. Dagegen wäre die Bereicherung C.S
als gerechtfertigt anzusehn, wenn sich beweisen läßt, daß D. seiner Frau erzählt hat, er habe
dem C. zur Abrundung 300 Mk. mehr geschickt als dieser liquidiert habe, obschon C.s
Liquidation schon an sich viel zu hoch gewesen sei. Strenggenommen folgt freilich aus
dieser Außerung noch nicht, daß D. wirklich „gewußt“ hat, C. könne höchstens 700 Mk. ver-
langen, sondern nur, daß er dies geglaubt hat; denn vielleicht war D. mit Bezug auf ärzt-
liche Rechnungen ein Skeptiker und hat es für sehr unwahrscheinlich, aber doch nicht für un-
möglich gehalten, daß C. am Ende versehentlich zu wenig liquidiert hat. Doch wird man
in einem Fall wie diesem das Glauben an die Richtigkeit der Liquidation im Sinn des Ge-
setzes dem Wissen gleichstellen müssen. 2. E. hat von F. über eine Warenlieferung, die er
längst bezahlt hat, eine zweite Rechnung erhalten und auch sie vorbehaltlos bezahlt, weil er
die Quittung über die erste Zahlung nicht finden konnte; nachträglich kommt die Quittung
zum Vorschein. Hier ist F. ungerechtfertigt bereichert, wenn E. die erste Zahlung vergessen
hatte oder sich wenigstens ihrer nicht mit voller Sicherheit erinnerte. Läßt sich dagegen der
schwierige Beweis erbringen, daß E. über die erste Zahlung keinen Zweifel hatte, so ist .3
Bereicherung gerechtfertigt.* 3. G. ersetzt dem H. den Wert eines Pferdes, das er für einen
Spazierritt von G. gemietet hatte, weil es ohne das geringste Verschulden seinerseits bei
dem Ritt ein Bein gebrochen hat, in der irrigen Annahme, daß er dazu verfpflichtet sel
Hier ist H.s Bereicherung ungerechtfertigt, mag der Irrtum G.s8 die Tatfrage, ob er an dem
Unfal schuld sei, oder die Rechtsfrage, ob er trotz seiner Unschuld Ersatz leisten müsse, be-
troffen haben. III. 1. Keine ungerechtfertigte Bereicherung liegt vor, wenn J. seine alte
7) RG. 72 S. 343. 8) RG. 59 S. 351.