§ 168. Haftung wegen ungerechtfertigter Bereicherung. 711
sonderungsrecht. Anders nur, wenn der Rechtsgrund, auf den der Erwerb des
Schuldners sich stützt, nicht bloß ungerechtfertigt, sondern nichtig oder in
andrer Art rechtsunwirksam ist (s. auch Konk Ordn. 46).
6. Nicht selten hat der Gläubiger außer dem Anspruch wegen ungerechtfertigter Be-
reicherung gegen den Schuldner noch einen andern auf Herausgabe des gleichen Gegen-
standes gerichteten Anspruch, z. B. den Eigentumsanspruch. Er hat alsdann die Wahl, ob
er sich nur auf einen oder auf alle beide Ansprüche stützen will. Abzulehnen ist die Auf-
fassung, als ob der Anspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung ein subsidiärer sei und
nur in Ermanglung andrer Ansprüche Platz greife.“
II. 1. Die Ansprüche des Geschädigten gegen den Bereicherten sind
Forderungsrechte, wirken also an und für sich gegen dritte Personen nicht.
So selbst dann, wenn sie auf die Herausgabe eines individuell bestimmten
Gegenstandes gehn und der Bereicherte diesen Gegenstand an einen Dritten
übertragen hat: hier bleibt, wie wir gesehn haben, der Bereicherte — regel-
mäßig in Höhe des ihm von dem Dritten gewährten Entgelts — dem Ge-
schädigten haftbar; der Dritte ist dagegen haftfrei, mag er auch gewußt haben,
daß sein Rechtsvorgänger den Gegenstand „ungerechtfertigt“ besessen hat.
2. Eine Ausnahme gilt, wenn der Bereicherte den Gegenstand dem Dritten
unentgeltlich zugewendet hat: hier ist der Dritte in gleicher Art haftbar, wie
wenn er selber den Gegenstand von dem Geschädigten ohne Rechtsgrund er-
worben hätte (822).
a) Vorausgesetzt ist, daß es sich um einen individuell bestimmten Gegenstand handelt.
Wenn also A. von B. ungerechtfertigterweise einen Schmuck erwirbt und seiner Braut
schenkt, so ist die Braut dem B. haftbar; hat A. dagegen ungerechtfertigterweise eine Geld-
summe erworben und dafür den der Braut geschenkten Schmuck angeschafft, so ist die Braut
haftfrei.
b) Der Dritte muß den Gegenstand durch eine (rechtsgeschäftliche) Zuwendung des Be-
reicherten erworben haben. Doch möchten wir der Zuwendung auch einen nicht rechtsge-
schäftlichen Erwerb gleichstellen, der dem Bereicherten gegenüber ungerechtfertigt ist oder gar
auf einem Delikt des Dritten beruht. Denn es geht doch, um bei dem zu a genannten Bei-
spiel zu bleiben, nicht an, daß die Braut dem B. haftbar sein soll, wenn sie den Schmuck
von ihrem Bräutigam geschenkt bekommen, daß sie ihm dagegen nicht haftet, wenn sie den
Schmuck dem Bräutigam gestohlen hat.
e) Der Dritte haftet für den Gegenstand nur insoweit, als der ursprünglich Bereicherte
dank seiner Zuwendung von der Verpflichtung zur Herausgabe der Bereicherung befreit ist.
Bleibt der ursprünglich Bereicherte dagegen trotz seiner Zuwendung verpflichtet, so ist der
Dritte haftfrei.
d) Verwandt ist die oben § 167 III, 2 genannte Regel. Doch sieht sie den unent-
geltlichen Erwerber als den ursprünglich Bereicherten an, während hier der unentgeltliche
Erwerber bloß als Nachfolger des ursprünglich Bereicherten erscheint.
III. Die ungerechtfertigte Bereicherung kann auch darin bestehn, daß der
Geschädigte dem Bereicherten ein abstraktes Schuldversprechen oder ein
Schuldanerkenntnis abgibt. Alsdann kann der Geschädigte die „Heraus-
gabe“ der durch das Versprechen oder das Anerkenntnis begründeten Verbindlichkeit
fordern (812 II, 817, 821).
4) Zum Teil abw. R. 21 S. 243, 44 S. 80; Jung S. 42; Endemann 1 §5 198 12;
v. Mayr S. 358, 419. 5) Abw. v. Mayr S. 333.