Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

712 Buch II. Abschnitt 2. Einzelne Arten der Forderungen. 
1. Diese Herausgabe besteht darin, daß der Bereicherte dem Geschädigten 
die Verbindlichkeit erläßt, die darüber ausgestellten Schuldurkunden zurückgibt 
und alles, was zur Erfüllung der Verbindlichkeit geleistet ist, erstattet. 
2. Fällt dem Geschädigten bei der Abgabe des Schuldversprechens oder 
Anerkenntnisses ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten 
Sitten zur Last, so behält er, abweichend von der oben § 167 II, 3 genannten 
Regel, das Recht auf Erlaß seiner Verbindlichkeit und auf Rückgabe der Schuld- 
urkunden; dagegen kann er das, was er zur Erfüllung der Verbindlichkeit ge- 
leistet hat, nicht zurückfordern (817). 
3. Statt die „Herausgabe“ seiner Verbindlichkeit zu fordern, kann der 
Geschädigte, solange die Verbindlichkeit noch unerfüllt ist, auch einfach die Er- 
füllung verweigern; dies Recht hat er nicht bloß gegen den ursprünglichen 
Gläubiger, sondern auch gegen dessen Rechtsnachfolger, mögen diese die For- 
derung entgeltlich oder unentgeltlich erworben haben; er kann das Recht 
auch dann ausüben, wenn sein Anspruch auf die „Herausgabe“ seiner Ver- 
pflichtung verjährt ist (821). 
XXIV. Forlegung von Sachen und Urkunden.! 
169. 
I. 1. Jeder Besitzer einer Sache ist verpflichtet, dem, der einen gegen ihn, 
den Besitzer, wirksamen dinglichen oder obligatorischen Anspruch in Ansehung 
der Sache hat oder sich Gewißheit darüber verschaffen will, ob ihm ein solcher 
Anspruch zusteht, und der aus diesem Grunde ein Interesse an der Besichtigung 
der Sache hat, die Besichtigung zu gestatten (809). Verpflichtet ist sowohl der 
Eigen= wie der Fremd-, der unmittelbare wie der mittelbare Besitzer. 
2. Wer kraft der Regel zu 1 die Besichtigung einer Sache fordert, muß 
die Sache individuell genau bezeichnen und auch den Anspruch, den er in An- 
sehung der Sache verfolgt, und das Interesse, das er wegen dieses An- 
spruchs an der Besichtigung hat, bestimmt angeben. Und zwar ist er im Streit- 
fall bezüglich des ersten und dritten Punkts beweispflichtig: er muß also be- 
weisen, daß die von ihm genannte Sache sich tatsächlich im Besitz des Gegners 
befindet und daß er wirklich ein Interesse an ihrer Besichtigung hat. Dagegen 
braucht er für den zweiten Punkt — daß ihm ein gegen den Besitzer wirksamer 
Anspruch in Ansehung der Sache zusteht — einen Beweis nicht zu erbringen; 
ist ihm doch das Recht auf die Besichtigung der Sache ausdrücklich auch für 
den Fall zugestanden, daß er selber seines Anspruchs nicht sicher ist; wohl aber 
muß er dartun, daß ihm wenigstens dann, wenn die Besichtigung ein be- 
stimmtes Ergebnis haben sollte, ein solcher Anspruch zustehn würde; denn nur 
1) Dierschke, Vorlegung von Sachen (01). 2) Abw. Dierschke S. 62.
	        
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