Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

§ 169a. Alteres Recht. Spiel, Bürgschaft, Vergleich usw. 719 
J) Nach preußischem Landrecht war die Vorausklage des Gläubigers gegen 
den Hauptschuldner positive Voraussetzung für die Haftung des Bürgen; der 
Gläubiger mußte sie also, wenn er den Bürgen belangen wollte, bereits in der 
Klage behaupten. Nach den andern Rechten mußte sich der Bürge dagegen auf 
die mangelnde Vorausklage, wie nach dem bürgerlichen Gesetzbuch, mittels Ein- 
rede berufen; nach dem code civil mußte er sogar die Einrede dadurch 
begründen, daß er dem Gläubiger nachwies, wie er den Hauptschuldner fassen 
konnte, und ihm die Kosten der Vorausklage vorschießen. 
d) Das bisherige Recht legte dem Gläubiger gegenüber dem Bürgen eine 
gewisse Diligenzpflicht ob, d. h. es verpflichtete ihn, die Betreibung seiner 
Forderung gegen den Hauptschuldner tunlichst zu beschleunigen.“ 
e) Nach bisherigem gemeinen und sächsischen Recht ging die Forderung 
des Gläubigers auf den regreßberechtigten Bürgen, der die Bürgschaftsschuld 
erfüllte, nur über, wenn der Gläubiger sie ihm abtrat; der Bürge konnte aber 
die Erfüllung seiner Bürgschaftsschuld so lange verweigern, bis die Abtretung 
geschah (beneficium cedendarum actionum).41 
1) Nach bisherigem gemeinen und französischen Recht hatte bei Mehrheit 
der Bürgen jeder Bürge das beneficium divisionis, d. h. er konnte verlangen, 
daß der Gläubiger seine Forderung von jedem zahlungsfähigen Bürgen nur 
zu einem Anteil beitrieb. 
XII. 1. a) Das bisherige gemeine Recht erklärte einen Vergleich über ein 
rechtskräftig abgeurteiltes Rechtsverhältnis für ungültig.“3 
b) Der code ciwil schrieb für jeden Vergleich die Schriftform vor.“ 
c) Das preußische Landrecht ließ gegen jeden Vergleich wegen neu auf- 
gefundener Beweismittel die Anfechtung zu, in gleicher Art und Frist wie gegen 
ein Urteil.“ 
2. Dem bisherigen Recht war das Erfordernis der Schriftform beim An- 
erkenntnisvertrage unbekannt. 
XIII. Abstrakte Schuldverträge wurden vom altdeutschen Recht an- 
standslos zugelassen. Dagegen war ihre Gültigkeit seit der Rezeption be- 
stritten, und erst das sächsische Gesetzbuch hat ihre Gültigkeit allgemein an- 
erkannt.“ 
XIV. 1. Das bisherige gemeine und das sächsische Recht hat die Delikte 
nicht in große Gruppen eingeteilt wie das bürgerliche Gesetzbuch, sondern ähn- 
39) Pr. LR. I, 14 § 283; c. c. 2023. 
40) Windscheid § 478 10; pr. LR. I, 14 § 328; sächs. G. 1466. 
41) Dernb. 2 8 806; sächs. GB. 955. 
42) Windscheid § 479; c. c. 2026. 
43) Windscheid § 4146. Vgl. freilich Dernb. 2 § 109 7. 44) C. c. 2044. 
45) Pr. LR. I, 16 § 421; siehe Eccius § 103 30; Dernb. pr. PrR. 1 8 8217. 
46) Stobbe-Lehmann 3 8§ 2205; Windscheid § 3183; Eccius 1 § 765; Förtsch S. 164; 
sächs. GB. 1397 ff.
	        
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